Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

— 132 — 
Zum Vortrage bei dem Fürsten Bismarck war Friedberg als Staats- 
sekretär des Reichs-Justizamts in Varzin am 9. und 10. Dezember 1877 und 
als Justizminister am 20. und 21. September 1882 in Varzin und 14. und 
15. Oktober 1883 in Friedrichsruh.#) 
Das Verhältnis zwischen Bismarck und Friedberg war vom Anfang bis 
zu Ende ein gutes. Friedberg hegte für den Kanzler die größte Verehrung 
und umgekehrt schätzte dieser die reichen Kenntnisse und die ungeheure Arbeits- 
kraft seines langjährigen Beraters in Justizfragen. Die guten Beziehungen, die 
zwischen Friedberg und dem Kronprinzen bestanden,:) konnten Bismarck nur 
erwünscht sein. Auch während der Regierungszeit des Kaisers Friedrich hat 
Friedberg dem Kanzler keine Schwierigkeiten bereitet; er hat sich während der 
99 Tage ebenso loyal wie gewandt bewiesen und sehr viel zur Begleichung der 
entstandenen Meinungsverschiedenheiten beigetragen. 
Bei seinem Abgange entstand ein ganzes Heer von Gerüchten über die 
Gründe des Rücktrittes, von dem es sogar hieß, daß er ein unfreiwilliger ge- 
wesen sei.3) Demgegenüber kann ich versichern, daß der Rücktritt Friedbergs 
  
1) Die drei obigen Daten sind in Kohls Bismarck-Regesten nachzutragen. 
2) Friedberg, der den Kronprinzen Friedrich Wilhelm in das praktische Staatsrecht 
eingeführt hatte, gehörte später zu den vertrautesten Genossen des kronprinzlichen Hauses. 
Mit dem zunehmenden Alter des Kaisers Wilhelm verlangte es den Kronprinzen nach 
einem Freunde und Berater in mancher schwierigen Lage, und da war es der kluge und 
verschwiegene hohe Staatsbeamte, dem er sich unbedingt anvertrauen durste. 
3) In Nr. 256 vom 4. Juni 1895 hatte die „Volks-Zeitung“ geschrieben: „In den 
kritischen Zeiten, in welchen an ihn das Ansinnen gestellt war, ein Gutachten über die 
Krankheit des Kaisers Friedrich und die staatsrechtliche Seite der Einwirkung 
dieser Krankheit auf die Regierungsfähigkeit des kranken Herrschers abzugeben, soll Fried- 
berg die Sache des kranken Kaisers mit Energie vertreten haben. Näheres darüber 
wissen vielleicht die „Hamburger Nachrichten“ zu erzählen.“ Die „Ham- 
burger Nachrichten“ erwiderten darauf: „Dazu sind wir allerdings in der Lage, und zwar 
haben wir zu erklären, daß die Behauptung der „Volks-Zeitung“ durchaus wahrheits- 
widrig ist, wenn damit etwa, wie es nach dem Wortlaute den Anschein hat, gesagt 
werden soll, daß ein solches Ansinnen von seite der Regierung an den Justizminister 
gestellt worden sei. Von seiten der Vertreter der Regierung, insonderheit vom damaligen 
Ministerpräsidenten, ist jederzeit „mit Energie“ der einzig berechtigte Standpunkt vertreten 
worden, daß die Krankheit des Kronprinzen auf seine Regierungsfähigkeit ganz ohne Ein- 
fluß sei.“ Nach dem klerikalen „Westfälischen Merkur“ soll der Rücktritt des Ministers 
Friedberg ein unfreiwilliger im vollsten Sinne des Wortes gewesen sein. Der Anlaß soll 
in einem Schreiben des Fürsten Bismarck bestanden haben, das um Einreichung 
des Entlassungsgesuches kurzer Hand ersuchte. Das genannte Blatt bemerkte 
dazu: „Es ist uns nur ein Fall bekannt, daß ein Minister auf eine solche Aufforderung 
nicht reagirte. Der Betreffende replizirte kurz, daß er so lange auf seinem Posten auszu- 
harren gedenke, als er sich durch das Vertrauen seines Souveräns geschützt wisse. Sollte 
ihm einstmals dieses Vertrauen nicht mehr zur Seite stehen, so werde er ohne Verzug um 
seine Entlassung bitten; vorher nicht. (Graf Eulenburg?) Das war aber, wie bemerkt,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.