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Ueber die Vorgeschichte des Abganges des Kriegsministers v. Kameke erklärte
der „Rheinische Kurier“ Anfangs März 1883 die folgende authentische Mit—
teilung geben zu können:
„Nach den Parlamentsverhandlungen schien mit der Verweisung des Pensions-
gesetzes an die Kommission die Entscheidung über das Verbleiben des Kriegs-
ministers erst nach Wieder-Zusammentreten des Reichstags fallen zu müssen,
zumal der Reichskanzler bis jetzt nicht Stellung genommen, respektive seine
Ansicht geäußert hatte. In den letzten Tagen nun ist diese Stellungnahme
des Reichskanzlers erfolgt und in einem Briefe niedergelegt,
der den Minister veranlaßte, noch einmal und zwar auf das
dringendste um seine Demission zu bitten.“
„Das Vorhandensein eines solchen Briefes,“ — bemerkte ergänzend die
„National-Zeitung“ Nr. 119 vom 10. März 1883 — „cscheint nicht mehr in
Zweifel gezogen werden zu können. Nach dem, was über den Inhalt jenes „Briefes“
des Reichskanzlers anderweitig verlautet, hätte sich Fürst Bismarck namentlich
darüber beschwert, daß Herr v. Kameke, ohne Fühlung mit ihm zu nehmen, in
der Angelegenheit des Pensionsgesetzes beziehungsweise der Kommunalsteuer der
Offiziere Stellung genommen hätte. Ueber den weiteren Inhalt des „Briefes“
gibt vielleicht eine Stelle Aufschluß, welche das „Deutsche Tageblatt“ in einem
anscheinend inspirirten Artikel bringt. Dort heißt es: „Die Angabe, daß die
nachgiebige Haltung des Generals von Kameke in der Frage der Kommunal=
besteuerung der Offiziere bei seinem Rücktritte auch eine wesentliche Rolle gespielt
habe, ist richtig, doch ist dabei zu bemerken, daß hierbei nicht Herr v. Kameke,
sondern der Chef der Admiralität General v. Stosch in der Richtung der
Nachgiebigkeit der Führende war. Herr v. Kameke bewegte sich hier lediglich
im Kielwasser des Herrn v. Stosch.“
2. Bavern.
Finanzminister v. Pfretzschnert)
(geboren 15. August 1820).
Ich will hier zunächst einige allgemeine Bemerkungen über die Stellung,
welche die bayerischen Minister dem Bundesrat gegenüber einnahmen, vorausschicken.
Der Schwerpunkt der Thätigkeit der bayerischen Bevollmächtigten lag bei
1) Adolf v. Pfretzschner, geboren zu Würzburg, katholisch, studirte die Rechte in
München. 1847 Regierungsassessor in Ansbach, 1849 in das Finanzministerium berufen,
1856 Ministerialrat, 1865 Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, 1866 Finanz-
minister, 1. Oktober 1872 Staatsminister des Königlichen Hauses und des Aeußern und
Vorsitzender im Ministerrate; zugleich wurde er als lebenslänglicher Reichsrat ernannt.
Im März 1880 erhielt derselbe unter Erhebung in den Freiherrnstand die aus Gesundheits-
rücksichten erbetene Versetzung in den Ruhestand.