Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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eine große Anzahl anderer Fragen, welche namentlich die Gestaltung der Dinge 
nach dem Tode des Kaisers Wilhelm berührten. „Mag auch“ — so bemerkte 
Herr v. Nostitz kurze Zeit darauf — „die Herrschsucht des Fürsten Bismarck, 
seine Ungeduld, seine Unduldsamkeit gegen jeden Widerspruch vielfach verstimmen 
und Unzufriedenheit und Gegensatz hervorrufen, welche Pygmäen sind doch seine 
politischen Widersacher gegen den Riesen! Schon die meisterhafte, zielbewußte, 
weit ausschauende Art, mit der er seit vierzehn Jahren die auswärtige Politik 
des Deutschen Reichs geleitet, Deutschland und der Welt den Frieden bewahrt 
hat, sichern ihm die Anerkennung des deutschen Volkes und ganz Europas auf 
lange Zeit hinaus. Auch sein Streben, die Macht der Regierungen vor den 
Einflüssen des querköpfigen, kurzsichtigen Parlamentarismus und dem Streber- 
tum der parlamentarischen Führer möglichst sicher zu stellen, verdient nur den 
Beifall aller, die es wohl mit Deutschland meinen. Den Deutschen thut es 
vor allem not, sich als Nation zu fühlen und als solche zusammenzuwachsen, 
ein Gesichtspunkt, welcher bei dem Parteigezänke nur zu oft aus den Augen 
schwindet.“ Und am Schlusse desselben Jahres bemerkt Herr v. Nostitz im 
Hinblick auf den Reichstagsbeschluß vom 15. Dezember 1884, welcher dem 
Kanzler das Gehalt für einen zweiten Direktor im Auswärtigen Amt verweigerte: 
„Fürst Bismarck hat in den letzten Jahren durch die Herbeiführung eines innigen 
Verständnisses zwischen den drei Kaisermächten durch die Zusammenkunft in 
Skierniewice im September dieses Jahrs, durch die Anbahnung eines freund- 
schaftlichen Verhältnisses mit Frankreich und durch die ebenso geschickt wie vor- 
sichtig getroffenen Einleitungen zur Erwerbung deutscher Kolonien und noch in 
letzter Zeit durch die Einberufung einer Konferenz behufs friedlicher Verständigung 
über die bei der europäischen Ansiedlung am Kongo entstehenden Fragen seine 
Meisterschaft in Leitung der auswärtigen Politik wieder in so hervorragender 
Weise bewährt, daß die Nation eine nörgelnde Opposition und die Beschneidung 
der Mittel zur Aktion auf dem Felde der auswärtigen Politik nicht versteht.“ 
Am 17. Januar 1885 reiste v. Nostitz nach Erlangen zur Heilung eines 
Darmleidens, welchem er sechs Wochen darauf erlag. 
Mit Nostitz verlor der Bundesrat unzweifelhaft einen seiner bedeutsamsten 
Köpfe. Ihm waren Gaben eigen, die sich nicht so leicht wieder bei einem andern 
Mitgliede desselben vereinen: treue Anhänglichkeit an sein engeres Vaterland, 
aber weit entfernt von engherzigem Partikularismus, daneben ein warmes Herz 
für Deutschland, die größte Gewissenhaftigkeit in Erfüllung seines dienstlichen Be- 
rufes, gepaart mit einem großen politischen Blick, ein durch und durch ehrlicher 
Charakter, dem alles Strebertum ferne lag, eine innerlich harmonische Natur, die 
ihre Befriedigung im Verkehr mit den hochgebildeten deutschen Kollegen im Bundes- 
rat fand. In den Bundesratsdebatten griff er als geschickter Debatter und 
gewandter Dialektiker ein, stets neue Gesichtspunkte zu Tage fördernd, 
immer nur die Sache im Auge habend und niemals persönlich werdend.
	        
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