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ständigung werde übrigens nicht wohl ausführbar sein, sondern es scheine mir
angezeigt, daß Mittnacht hierüber entscheiden solle. Dieser entschloß sich, die
Sache abends bei Bismarck mündlich abzumachen. Um 9 Uhr ging ich mit
Wiedenmann ebenfalls zum Kanzler. Derselbe begrüßte mich freundlich und sprach
sein Bedauern aus, daß seine Frau wegen Unwohlsein nicht erscheinen könne
und darum seine Tochter die Honneurs machen müsse. Die letztere ist sehr ge-
sprächig, weniger sind es die Söhne des großen Mannes.
Spitzemberg war etwas ärgerlich, als ich ihm sagte, daß der Kriegsminister
mich angewiesen habe, nicht auf meinen Sitz im Bundesrat zu verzichten. Ich
wollte, die Geschichte wäre aus; ich überließe diese Ehren sehr gerne Spitzem-
berg oder Faber oder wer sie sonst will.
Der Abgeordnete Probst fragte mich, wie es mit den württembergischen
Ansprüchen auf die Kriegskontribution stehe. „Nicht glänzend,“ entgegnete ich,
„wir haben zu wenig Soldaten ins Feld gestellt."“
30. Oktober: Reichstagssitzung. Reichshaushalt und Militärbudget; Richter,
Bebel, Mohl, Bethusy sprachen. Mohl berief sich bezüglich der Präsenzverminde-
rung auf die Zugeständnisse des württembergischen Kriegsministers vor dem
Feldzug! Ich hatte große Lust, zur Rechtfertigung des Kriegsministers gegen
ihn das Wort zu ergreifen, war aber zu schüchtern.
1. November: Um 11 Uhr ging ich in die Kommission zur Verteilung
der französischen Kriegskosten-Entschädigung, wo es sehr hitzig herging. Fries
sprach die Ueberzeugung aus, daß auf dem vorgeschlagenen Weg, d. h. Auf-
stellung der militärischen Leistungen, zu keinem der Billigkeit angemessenen Re-
sultate zu gelangen sei; ich machte den Vermittlungsvorschlag, die Küstenarmee
halbmobil zu rechnen, welchem Hessen und Baden beistimmte, auch Bayern —
vielleicht nur zum Schein, denn Fries kam schließlich wieder auf die Bevölke-
rungszahl und will damit an den Bundesrat appelliren. Klotz und Bonin er-
klärten, man müsse sich an den Wortlaut des 25. Protokolls halten, da gebe
es nur mobile und immobile Truppen und nichts dazwischen. Klotz drohte
die Sitzung aufzuheben, besann sich aber eines andern. Statt der Vertagung
wurde auf morgen eine neue Sitzung anberaumt.
Um 2 Uhr sofort in die Sitzung des Bundesrats, welche indes erst um
½83 begann.
2. November: Sitzung des Reichstags, wo die mecklenburgische Verfassungs-
frage verhandelt wurde. Es sprachen Busing, Westphal, Bülow, Windthorst,
Treitschke, Völk, Helldorff, Wiggers, Ketteler und Reichensperger.
3. November: Separatvotum geschrieben; 11 Uhr Sitzung der Verteilungs-
kommission, in der das Protokoll endgiltig festgestellt wurde. Oberst Fries liest
sein Votum ab, kann es aber noch nicht übergeben, weil es noch nicht ins
Reine geschrieben ist. Meinem Votum schließen sich Hessen und Baden an.
Um 2 Uhr wird das Protokoll unterschrieben. Ich teilte das Resultat unter