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stabes. Moltke fragte mich, ob ich diese Aufgabe mit den Funktionen eines
Bundesratsbevollmächtigten vereinigen könne, und sprach die Erwartung aus,
daß ich möglichst bald an das Geschäft gehe; im übrigen wies er mich an den
Oberst v. Verdy.
Im Reichstag heftige Debatte über Einführung des deutschen Wehrgesetzes
in Bayern.
21. November: ½2 Uhr Beratung im Ausschuß I, ob der Rayongesetz-
entwurf der Reichstagskommission en bloc angenommen werden soll. Kein be-
stimmtes Resultat, §§ 34, 35 erschienen bedenklich, Kohlhaas war damit ein-
verstanden, bekundete dies aber auf eine eigentümliche Art.
Im Reichstag ergriff Hölder das Wort wegen der Versailler Verträge. Bebel
protestirt gegen den Beschluß der Geschäftsordnungskommission, das Haus verleugnet
seine Kommission und seinen Präsidenten, der deshalb das Amt niederlegt. Mitt-
nacht ersuchte mich im Beisein von Riecke, dem Abgeordneten Mohl Aufschluß be-
züglich der 13 Thaler Beitrag zu den Zentralkosten zu geben; ich bezeichnete sie
als den Quotienten der Summe der Zentralkosten und der Kopfstärke des Heeres.
23. November: Hoöchst interessant war im Reichstag die Diskussion über
die Strafartikel gegen die Geistlichen. Lutz stellte die Gefahr als äußerst drohend
dar, Reichensperger sprach dagegen wie ein Jesuit, Fischer begründete das Aus-
nahmegesetz mit den Privilegien und wies mit Zeitungsartikeln nach, daß letztere
mißbraucht wurden. Bischof Ketteler donnerte wie von der Kanzel. Der Antrag
auf Schluß der Debatte wurde angenommen. Wahl des 1. Präsidenten 8 Uhr:
Simson mit 219 Stimmen.
7 Uhr Sitzung der Gruppe III, wo Bethusy zu meinem größten Erstaunen den
Antrag stellt, das 1% und die 225 Thaler für weitere drei Jahre zu gewähren.
24. November: Im Reichstag Annahme des Rayongesetzes. Hinsichtlich
des Münzgesetzes verbleibt es bei den bisherigen Beschlüssen.
25. November: 10 Uhr Sitzung des Ausschusses 1 und VII über die
Vorlage, die Pauschalsumme für den Militäretat auf drei Jahre zu gewähren.
Riecke wahrte im Einvernehmen mit mir die konventionsmäßigen Rechte Württem-
bergs; ich hätte gewünscht, daß dies im Gesetze Ausdruck fände. Holleben
meinte, man gebe hiermit die günstige Position auf, die man im Frühjahr 1872
für die Gewährung eines Bedarfsetats gehabt hätte. Nach drei Jahren werde
die Situation nicht mehr so günstig sein. Da wir Württemberger noch ohne
Instruktion waren, so wurde die Sitzung des Bundesrats auf abends 8 Uhr
angesetzt. Im Reichstag wurde über den Gesetzentwurf gegen den Klerus debattirt;
Windthorsts Anträge fielen der Reihe nach durch.
26. November: Bundesratssitzung. Den Mitteilungen des Reichstags
wurde teils die Zustimmung erteilt, teils wurden dessen Resolutionen an die
Kommissionen verwiesen. Ueber das Wegemaaß wurden die Berichte der Re-
gierungen einverlangt.