Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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stabes. Moltke fragte mich, ob ich diese Aufgabe mit den Funktionen eines 
Bundesratsbevollmächtigten vereinigen könne, und sprach die Erwartung aus, 
daß ich möglichst bald an das Geschäft gehe; im übrigen wies er mich an den 
Oberst v. Verdy. 
Im Reichstag heftige Debatte über Einführung des deutschen Wehrgesetzes 
in Bayern. 
21. November: ½2 Uhr Beratung im Ausschuß I, ob der Rayongesetz- 
entwurf der Reichstagskommission en bloc angenommen werden soll. Kein be- 
stimmtes Resultat, §§ 34, 35 erschienen bedenklich, Kohlhaas war damit ein- 
verstanden, bekundete dies aber auf eine eigentümliche Art. 
Im Reichstag ergriff Hölder das Wort wegen der Versailler Verträge. Bebel 
protestirt gegen den Beschluß der Geschäftsordnungskommission, das Haus verleugnet 
seine Kommission und seinen Präsidenten, der deshalb das Amt niederlegt. Mitt- 
nacht ersuchte mich im Beisein von Riecke, dem Abgeordneten Mohl Aufschluß be- 
züglich der 13 Thaler Beitrag zu den Zentralkosten zu geben; ich bezeichnete sie 
als den Quotienten der Summe der Zentralkosten und der Kopfstärke des Heeres. 
23. November: Hoöchst interessant war im Reichstag die Diskussion über 
die Strafartikel gegen die Geistlichen. Lutz stellte die Gefahr als äußerst drohend 
dar, Reichensperger sprach dagegen wie ein Jesuit, Fischer begründete das Aus- 
nahmegesetz mit den Privilegien und wies mit Zeitungsartikeln nach, daß letztere 
mißbraucht wurden. Bischof Ketteler donnerte wie von der Kanzel. Der Antrag 
auf Schluß der Debatte wurde angenommen. Wahl des 1. Präsidenten 8 Uhr: 
Simson mit 219 Stimmen. 
7 Uhr Sitzung der Gruppe III, wo Bethusy zu meinem größten Erstaunen den 
Antrag stellt, das 1% und die 225 Thaler für weitere drei Jahre zu gewähren. 
24. November: Im Reichstag Annahme des Rayongesetzes. Hinsichtlich 
des Münzgesetzes verbleibt es bei den bisherigen Beschlüssen. 
25. November: 10 Uhr Sitzung des Ausschusses 1 und VII über die 
Vorlage, die Pauschalsumme für den Militäretat auf drei Jahre zu gewähren. 
Riecke wahrte im Einvernehmen mit mir die konventionsmäßigen Rechte Württem- 
bergs; ich hätte gewünscht, daß dies im Gesetze Ausdruck fände. Holleben 
meinte, man gebe hiermit die günstige Position auf, die man im Frühjahr 1872 
für die Gewährung eines Bedarfsetats gehabt hätte. Nach drei Jahren werde 
die Situation nicht mehr so günstig sein. Da wir Württemberger noch ohne 
Instruktion waren, so wurde die Sitzung des Bundesrats auf abends 8 Uhr 
angesetzt. Im Reichstag wurde über den Gesetzentwurf gegen den Klerus debattirt; 
Windthorsts Anträge fielen der Reihe nach durch. 
26. November: Bundesratssitzung. Den Mitteilungen des Reichstags 
wurde teils die Zustimmung erteilt, teils wurden dessen Resolutionen an die 
Kommissionen verwiesen. Ueber das Wegemaaß wurden die Berichte der Re- 
gierungen einverlangt.
	        
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