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5. Baden.
Präsident des Staatsministeriums und Minister des Innern v. Jolly
(geboren 21. Februar 1823, gestorben 14. Oktober 1891)
hat keine Gelegenheit versäumt, die deutsch-nationale Politik Badens zu be-
thätigen. Seit Auflösung des Deutschen Bundes wirkte er für einen möglichst
engen Anschluß Badens an den Norddeutschen Bund, schloß mehrfache Verträge
in der Uebergangszeit von 1867—1871 in diesem Sinne mit dem Bundes-
präsidium ab und führte in Versailles die zur Bildung des Deutschen Reichs
führenden Verhandlungen. 1) Zu diesem Behufe reiste Jolly mit Freydorf am
20. Oktober 1870, der Einladung des Bundeskanzlers folgend, in das Haupt-
quartier. Am 15. November kam der Vertrag mit Baden zu stande. Akten-
mäßige Aufzeichnungen über die Verhandlungen liegen nicht vor. Die badische
Landesgesetzgebung suchte er nach Gründung des Norddeutschen Bundes möglichst
dessen Gesetzgebung in allen neuen legislatorischen Bestimmungen anzupassen.
In dem Streit mit den extremen Parteien der katholischen Kirche war er be-
müht, die Rechte des Staates möglichst zu wahren.2)
Minister der auswärtigen Angelegenheiten v. Freydorfs)
(geboren 28. Februar 1819, gestorben 15. November 1882).
Im Bundesrat 4) war Freydorf Mitglied der Ausschüsse für Justizwesen
(Stellvertreter), der auswärtigen Angelegenheiten, für Elaß-Lothringen und für
1) M. Busch, „Graf Bismarck und seine Leute“. Volksausgabe S. 235.
2) Ueber Jollys Eintritt in das Ministerium und seine Politik vgl. Georg Meyer,
„Die Reichsbegründung und das Großherzogtum Baden“. Heidelberg 1896.
3) Rudolf v. Freydorf, geboren zu Karlsruhe. 1839 Hofjunker, 1843 Rechtspraktikant,
1845 Kammerjunker, 1848 Rechtsanwalt in Mannheim, 1849 Hofgerichtsassessor in Freiburg,
1851 aushilfsweise Staatsanwalt, 1855 Hofgerichtsrat, 1857 in Mannheim und Staats-
anwalt beim Oberhof= und Hofgericht, 1858 Kammerherr, 1860 Justizministerialrat, 1866
Ministerialrat im Ministerium des Innern, im gleichen Jahre Präsident des Ministeriums
des Großherzogl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, 1868 auch einstweilige
Führung des Handelsministeriums, im gleichen Jahre hiervon enthoben und die provi-
sorische Verwaltung des Justizministeriums übertragen, in demselben Jahr dieser proviso-
rischen Leitung enthoben, 1871 Präsident des Ministeriums des Großherzogl. Hauses, der
Justiz und des Auswärtigen, 1872 Geheimer Rat I. Klasse, 1876 in Ruhestand versetzt.
Freydorf ist Verfasser der „Badischen Prozeßordnung mit Erläuterungen“. Heidelberg 1865,
„Der Prozeß von Baumbach“". Karlsruhe 1866. Die politisch-parlamentarische Thätigkeit
begann 1849 als Anwalt, dann Staatsanwalt. 1860 bearbeitete er einen Teil der die
Ordnung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche betreffenden Gesetze und der neuen
Justizgesetzgebung Badens. Seit August 1867 Abgeordneter zur badischen II. Kammer für
die Stadt Durlach. Eingehende Mitteilungen über Minister Rudolf v. Freydorf finden sich in
Weechs „Badische Biographien“, vierter Teil (Karlsruhe, Braunsche Hofbuchbandlung 1891,
S. 137—142); auch abgedruckt in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ von 1882 Nr. 343.
4) 26. Nov. 1874 Teilnahme an einem Diner bei Bismarck zu Ehren des Bundesrats.