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Kriegsstandes gegen Frankreich unterbleiben müsse. Ich telegraphirte sofort an
unsere Gesandten in Stuttgart und München, um einen gleichzeitigen Bruch der
diplomatischen Beziehungen der süddeutschen Staaten zu Frankreich herbeizuführen.
* 5. August 1870.
In der Landschaft, durch die wir im Elsaß auf der Fahrt nach Sulz
kamen, stehen die Saaten und Früchte sehr schön. Ueberall waren die noch
bebauten Felder von den Truppen mit möglichster Sorgfalt vermieden und ge—
schont. Ueberall hörte man nur eine Stimme des Lobes über das rücksichts-
volle, anständige und freundliche Betragen unserer Truppen. Die Bewohner
der Städte und Dörfer standen und saßen gegen Abend nach gewohnter Sitte,
plaudernd und schmausend, auf der Straße und vor ihren Häusern und gaben
auf Befragen willige Auskunft. Nur in der Bierstube zu Sulz herrschte unter
dem Drucke der Anwesenheit eines ancien militaire mit schwarzem Schnurr=
und Knebelbart, der blaß, scheu und zornig unter einem horizontalen Kappen-
schilde hervorsah, eine unangenehme Temperatur. Uebrigens lobte auch der
dortige Maire, Herr Benke, das Benehmen der zahlreich durchgezogenen Truppen,
das gewaltig und wohlthuend absticht gegen die frivolen, ebenso erbärmlichen
als frechen Drohungen der französischen Minister als die beklatschten Rodo-
montaden einzelner Abgeordneten.
6. August 1870.
Nähere Daten über die vorgestrigen Gefechte an der Saar laufen ein.
Am 5. abends war der Großherzog durch leere Ortschaften von Weißenburg
nach Sulz gefahren und hatte hier das Hauptquartier des Kronprinzen getroffen.
Am frühen Morgen hörte er Schüsse. Weder der Kronprinz noch der Groß-
herzog fanden es der Mühe wert, nach Wörth, wohin das Feuer zielte, zu
reiten, und der Großherzog reiste ab. Sich durch Train hindurchwindend, hörte
er nach 9 Uhr stärkeres Feuer, konnte aber nicht mehr umkehren.
Karlsruhe, 18. August 1870.
Nachricht über die Schlacht von Mars-la-Tour vom 16. Der Angriff
vom 14. hatte offenbar den Zweck, den Abzug der Franzosen von Metz so
lange zu verzögern, bis Prinz Friedrich Karl von Pont-à-Mousson aus auf
die Rückzugslinie marschirt sei. Dies gelang. Am 16. konnte die II. Armee
die französische Armee auf ihrem Rückzug nach Verdun und Chalons angreifen,
stellen und zum Zurückgehen nach Metz nötigen. Dort ist die französische Armee
nun wahrscheinlich von der preußischen umklammert. Dies schien mir für den
günstigen Ausgang des Krieges entscheidend und ich flaggte. Wenige folgten
dem Beispiel. Man sprach von einem Pyrrhussieg.
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