Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Bivouacs. Die württembergische Aufstellung ging noch bis La Queue-en-Brie 
und Meiseau. 
Auf dem Wege nach Beissy-St.-Leger begegneten wir einem großen 
Artilleriepark: Belagerungsgeschütz für Paris. 
Da bei Limeil in vergangener Nacht einige Pferde mit Wagen und In- 
sassen verschwunden waren, auch öfters geschossen wurde, verließen wir die Haupt- 
straße und fuhren einen sicheren Feldweg. In Boissy waren wir zu den 
Mecklenburgern gekommen. Es war schon dunkel. Von hier hatten wir den 
Anblick der Bivouacfeuer um Paris und den hellen Abglanz der Stadtbeleuch- 
tung stets zu unserer Rechten. 
Villeneuve-St.-Georges war der letzte Ort, wo wir möglicherweise über- 
nachten konnten; wir blieben daher und suchten Quartier. Im Orte war nur 
ein Wirtshaus, und dessen zwei Gastzimmer waren besetzt. Ein Zug ver- 
wundeter Bayern, von Orleans zurückgeführt, hielt uns einige Zeit auf. Ein 
am Knie verwundeter Bayer, der ungeschickt aus dem Wagen gehoben wurde, 
schrie und ächzte so erbarmungswürdig, daß ich dachte, es sei ein sehr geringes 
Uebel, wenn die Herren Minister heute einmal schlecht untergebracht wären. 
Wir ließen uns zum Kommandanten Major v. Z. führen, der uns sehr 
freundlich in seiner Wohnung aufnahm. Er bewohnte den oberen Stock, ließ 
uns in das Zimmer neben dem Gartensalon des unteren Stocks zwei Matratzen 
legen und eine Chaiselongue stellen. Wir verzehrten bei einer eleganten Lampe 
und einer in eine Flasche gesteckten Unschlittkerze von unseren eigenen Vorräten. 
Des Schwiegervaters Portwein fand abermals großen Beifall. Das Kamin- 
feuer flackerte lustig die ganze Nacht. Die Wagenpolster als Kopfkissen benützend, 
schliefen wir gut. Bisher waren die Mecklenburger hier jede Nacht, die letzte 
Nacht zweimal, durch Ausfälle der Franzosen aus Paris alarmirt worden. Bei 
solchem Alarm wird alles gepackt, um, wenn die Gefahr vorüber, wieder aus- 
gepackt zu werden. Wir richteten uns darauf ein, hatten aber das Glück, un- 
gestört zu bleiben. Morgens wuschen wir uns am Brunnen im Garten, der 
Major servirte uns einen vortrefflichen Kaffee ohne Milch und Brot, und wir 
fuhren, herzlich dankend, um 7 Uhr weiter. Die Villa gehört einem alten 
Sünder von Pariser Notar, der sein Leben mit Lektüre medizinischer Bücher 
und einer solchen Menge Arzneien fristet, daß das Lazaret von Villeneuve sich 
daraus versorgen konnte. Er, wie fast alle Einwohner, ist entflohen. 
Die Kettenbrücke, welche über die Seine führte, liegt im Wasser, die steinerne 
Brücke ist gesprengt, die neu hergerichtete sogenannte große Kriegsbrücke durften 
wir nicht passiren, kamen über eine kleinere Schiffbrücke über den Fluß nach 
Villeneuve-le-Roi. Hier kommt man von den Mecklenburgern zu den preußi- 
schen Aufstellungen. 
Ein Bauer sagte: „Nous sommes quinze cultivateurs ici; moi seul je 
Suis resté, les autres auraient mieux fait de ne pas quitter.“
	        
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