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Bivouacs. Die württembergische Aufstellung ging noch bis La Queue-en-Brie
und Meiseau.
Auf dem Wege nach Beissy-St.-Leger begegneten wir einem großen
Artilleriepark: Belagerungsgeschütz für Paris.
Da bei Limeil in vergangener Nacht einige Pferde mit Wagen und In-
sassen verschwunden waren, auch öfters geschossen wurde, verließen wir die Haupt-
straße und fuhren einen sicheren Feldweg. In Boissy waren wir zu den
Mecklenburgern gekommen. Es war schon dunkel. Von hier hatten wir den
Anblick der Bivouacfeuer um Paris und den hellen Abglanz der Stadtbeleuch-
tung stets zu unserer Rechten.
Villeneuve-St.-Georges war der letzte Ort, wo wir möglicherweise über-
nachten konnten; wir blieben daher und suchten Quartier. Im Orte war nur
ein Wirtshaus, und dessen zwei Gastzimmer waren besetzt. Ein Zug ver-
wundeter Bayern, von Orleans zurückgeführt, hielt uns einige Zeit auf. Ein
am Knie verwundeter Bayer, der ungeschickt aus dem Wagen gehoben wurde,
schrie und ächzte so erbarmungswürdig, daß ich dachte, es sei ein sehr geringes
Uebel, wenn die Herren Minister heute einmal schlecht untergebracht wären.
Wir ließen uns zum Kommandanten Major v. Z. führen, der uns sehr
freundlich in seiner Wohnung aufnahm. Er bewohnte den oberen Stock, ließ
uns in das Zimmer neben dem Gartensalon des unteren Stocks zwei Matratzen
legen und eine Chaiselongue stellen. Wir verzehrten bei einer eleganten Lampe
und einer in eine Flasche gesteckten Unschlittkerze von unseren eigenen Vorräten.
Des Schwiegervaters Portwein fand abermals großen Beifall. Das Kamin-
feuer flackerte lustig die ganze Nacht. Die Wagenpolster als Kopfkissen benützend,
schliefen wir gut. Bisher waren die Mecklenburger hier jede Nacht, die letzte
Nacht zweimal, durch Ausfälle der Franzosen aus Paris alarmirt worden. Bei
solchem Alarm wird alles gepackt, um, wenn die Gefahr vorüber, wieder aus-
gepackt zu werden. Wir richteten uns darauf ein, hatten aber das Glück, un-
gestört zu bleiben. Morgens wuschen wir uns am Brunnen im Garten, der
Major servirte uns einen vortrefflichen Kaffee ohne Milch und Brot, und wir
fuhren, herzlich dankend, um 7 Uhr weiter. Die Villa gehört einem alten
Sünder von Pariser Notar, der sein Leben mit Lektüre medizinischer Bücher
und einer solchen Menge Arzneien fristet, daß das Lazaret von Villeneuve sich
daraus versorgen konnte. Er, wie fast alle Einwohner, ist entflohen.
Die Kettenbrücke, welche über die Seine führte, liegt im Wasser, die steinerne
Brücke ist gesprengt, die neu hergerichtete sogenannte große Kriegsbrücke durften
wir nicht passiren, kamen über eine kleinere Schiffbrücke über den Fluß nach
Villeneuve-le-Roi. Hier kommt man von den Mecklenburgern zu den preußi-
schen Aufstellungen.
Ein Bauer sagte: „Nous sommes quinze cultivateurs ici; moi seul je
Suis resté, les autres auraient mieux fait de ne pas quitter.“