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Herrschaft an sich gerissen, Jules Favre und Trochu verhaftet und einige
Stunden gefangen gesetzt, die Herrschaft von Blanqui, Felix Pyat, den ehe-
maligen Redakteur des Reveil (Rappel?) — (alle von der äußersten Linken und
Sozialisten) übertragen ist. „
4. November 1870.
Ich ging mit H. nochmals nach den Trianons, wir betrachteten die
schönen Marmorbüsten Ludwig XVI., Napoleon I., Ludwig XVIII. und
Karl X. Letzteren beiden steht die Unfähigkeit auf der Stirne geschrieben.
Bei Petit-Trianon sind sehr schöne Exemplare von Zedern, ab und zu
Felspartien und absichtlich unregelmäßige Teiche. Der Park von Grand-Trianon
ist in demselben Stil angelegt wie der bei Versailles, mit Terrassen, geraden
Alleen, Bassins, Wasserkünsten, Statuen. In beiden Parks blühen noch Herbst-
blumen in Menge; jeder derselben ist weit größer als der Schloßgarten zu
Karlsruhe, enthält außer den bekannten Schlößchen eine Menge zum Teil selbst
wieder schloßähnlicher Gebäude und Pavillons. Wir kamen in den nördlich vom
Tapis-Vert gelegenen Teil, wo aber unsere Entdeckungsreisen nicht so ergiebig
waren wie neulich. Die Emelades und Les Domes sind zerfallen. Alles ist
hier abgesperrt und man muß sich durch durchbrochene Geländer und Gestrüppe
hindurcharbeiten. Die Abteilungen, in denen wir neulich waren, heißen la
Colonnade, bosquet du Roi et de la Reine. All das ist sonst unzugänglich,
und es ist nur durch von den „Eroberern"“ in die Geländer gerissene Oeffnungen
dahin zu gelangen.
Später nahmen wir einen Wagen, um den Aquädukt von Marly zu
besichtigen. Wir fuhren, um nicht denselben Weg zu machen wie neulich nach
St.-Germain, über Rocquencourt. Der Aquädukt besteht aus wohl zwanzig
ungehauenen, hoch ausgemauerten Brückenbogen und gleicht einer langen in
freier Luft errichteten Brücke. Das Wasser wird an dem einen Ende aus der
tief unten fließenden Seine heraufgetrieben, um die Wasserwerke von Verseilles,
das etwa 1 ½ Stunden entfernt liegt, zu speisen. Man steigt ungefähr in die
Höhe eines siebenten Stockwerkes hinauf, hat aber eine sehr schöne, ausgebreitete
Aussicht, derjenigen von der Terrasse von St.-Germain-en-Laye ähnlich, das
kaum drei Viertelstunden entfernt liegt. Von hier aus übersieht man den Lauf der
Seine bis Argenteuil hinauf und über Maisons (Bahn nach Rouen) hinab;
der Mont Valérien liegt gerade gegenüber, so nahe, daß man von dort in das
dem Aquädukt zunächst liegende Städtchen Bougival (linkes Ufer der Seine),
Kugeln senden kann. Wir sahen eine Kavallerie-Patrouille den Mont Valérien
herabkommen, Infanteristen dort Kartoffeln ausmachen. Rechts und links hinter
dem Fort dehnt sich Paris aus; wir konnten deutlich den Dom der Invaliden
erkennen. Leider steckte die Pantheonkuppel im Nebel.
Zufällig kam auch der König mit seinem Adjutanten, Fürsten R., und