Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Freienwalder Schiedsspruch die aus der Bewegung von 1848 hervorgegangene 
Verfassung beseitigt und die alte ständische wieder hergestellt wurde. Als Minister 
bewahrte er diese Gesinnung und war bestrebt, der Tendenz der liberalen 
Majorität des Reichstags auf Einführung einer modernen Verfassung durch 
Beschlüsse des Reichstags und des Bundesrats entgegen zu wirken. Er wurde 
hierin unterstützt durch die Abneigung des Großherzogs, sich von außen in seiner 
inneren Politik bestimmen zu lassen. Denn, wenn derselbe auch meinte, daß in einem 
gewissen Maße eine Aenderung der alten Verfassung wünschenswert sei, so sagte 
er doch, „Mecklenburg müsse sich seinen Rock selbst zuschneiden“. Graf Bassewitz 
operirte mit großem Geschick. Es kam ihm zu gute, daß Bismarck ihn hoch- 
schätzte und durchaus Verständnis für seine Haltung hatte. Aber Bismarck 
war andererseits sehr belästigt durch die wiederholten Anträge der Liberalen in 
Betreff der sogenannten mecklenburgischen Frage, um so mehr, als die Mehrheit 
im Bundesrat anfing, sich jenen Anträgen zuzuneigen. Dezshalb suchte er 
Bassewitz zu bestimmen, Mecklenburg möge nur selbständig mit Verfassungsreform 
vorgehen. Letzteres geschah denn auch in den Jahren 1872—1874; zunächst 
zwar ohne Resultat, doch genügte dies, um den Reichstag einstweilen zu be- 
ruhigen. Und auch später ward er damit beruhigt, daß die Verfassungsverhand= 
lungen zwischen Regierung und Ständen wieder ausgenommen werden sollten. 
Dabei ist es geblieben. 
Graf Bassewitz und Bismarck kannten sich schon von Jugend her, und diese 
Freundschaft hat sich bis zum Tode des Grafen erhalten. Graf Bassewitz 
war stets von der größten Verehrung für Bismarck erfüllt. Im Bundesrat 
war derselbe nur für Mecklenburg-Schwerin, nicht auch für Strelitz beglaubigt, 
da nur der jedesmalige Gesandte gemeinsamer Bevollmächtigter war; seine 
Ernennung zum Bundesratsbevollmächtigten erfolgte, als Fürst Bismarck den 
Wunsch äußerte, die leitenden Minister der Bundesstaaten im Bundesrat zu haben. 
An den Arbeiten desselben dürfte sich derselbe kaum beteiligt haben. 
Ausschuß, gleichzeitig seine Präsentation und demnächst seine Allerhöchste Ernennung zum 
Landrat. In dieser Stellung entwickelte er sowohl bei den Arbeiten des engern Aus- 
schusses wie bei den Verhandlungen des Landtags fast zwei Jahrzehnte hindurch eine von 
dem lebendigsten Interesse für das Wohl des Landes getragene umfassende und in hohem 
Grade einflußreiche Thätigkeit, bis ihn im Jahre 1869 das Vertrauen des Großberzogs 
Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin zu der Stellung eines Vorsitzenden des 
Staatsministeriums, in Verbindung mit der Leitung des Ministeriums der auswärtigen 
Angelegenheiten und des Großherzoglichen Hauses, berief. Vor seiner Ernennung zum 
Staatsminister hat Graf Bassewitz als Vertreter eines mecklenburgischen Wahlkreises drei 
Jahre hindurch dem Reichstage des Norddeutschen Bundes angehört. Ueber seine politische 
Wirksamkeit vgl. das Werk von Ludwig v. Hirschfeld über den Großherzog von Mecklenburg- 
Schwerin Friedrich Franz II. Ein ehrender Nachruf seines Großherzogs befindet sich 
im Regierungsblatt für das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Amtliche Beilage Nr. 39, 
d. d. 17. Dezember 1885, ein ausführlicher Nekrolog in dem „Mecklenburgischen Anzeiger" 
vom 16. Dezember 1885.
	        
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