Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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im ganzen Bankgebiet aufgestellt werden, wobei freilich beabsichtigt wird, nur 
zuverlässigen Personen, einerlei, welchem Berufe sie angehören, ein Conto 
zu bewilligen. Der Präsident verspricht sich großen Erfolg von dieser Ein— 
richtung, nicht allein für das Publikum, sondern auch für die Bank durch den 
Zuwachs, den ihr Betriebsfonds durch die Girosaldi erhalten wird. Er meinte, 
in Berlin werde man bald alle seine Zahlungen durch Checks und Uebertragungs- 
zettel effektuuren; er habe für seine Person bereits beschlossen, keine Cassa- 
zahlungen mehr zu machen, und bitte vornehmlich den Reichskanzler, ebenso zu 
verfahren und zu dem Ende ein Conto zu nehmen, damit er mit ihm Reklame 
machen könne. Fürst Bismarck antwortete ausweichend, daß der Präsident sich 
dieserhalb an seine Frau wenden müsse; sie führe seine ganze Hausstandsrechnung 
und er empfange nur ein Taschengeld. 
Im übrigen berichtete der Präsident noch über die Aufbewahrung von 
Wertpapieren und die damit verbundene Einziehung von Coupons und aus- 
gelosten Stücken, welche eine sehr große Ausdehnung zu gewinnen versprechen, 
so daß er in Aussicht genommen habe, den Provisionssatz von ⅛ per Mille 
demnächst zu erhöhen. 
Bis dahin hatte der Reichskanzler mit Geduld zugehört. Jetzt aber gab 
er durch ein immer heftigeres Geräusch mit der Feder zu erkennen, daß er 
genug habe, und der Präsident schien die Gewohnheiten seines Gebieters hin- 
reichend zu kennen, um sofort rasch und kaum vermittelt abzubrechen. Der 
Stoß von Papieren, den er vor sich hatte, schien anzudeuten, daß er uns noch 
vielerlei zugedacht hatte. Es war aber mittlerweile Essenszeit geworden, und 
der Fürst schloß daher die Versammlung mit dem Bemerken, daß uns selbst- 
verständlich jede etwa weiter gewünschte Auskunft zur Verfügung stehe und 
wir ersucht seien, uns dieserhalb mit dem Präsidenten in Verbindung zu setzen. 
Bei dem darauf folgenden Diner 1) trafen wir mit einer Deputation aus 
Hanau zusammen, welche dem Reichskanzler als Zeichen der Verehrung ein 
überaus kunstreich gearbeitetes Kästchen überreicht hatte, sowie mit dem Professor 
v. Pettenkofer, der hier mit der Cholerakommission tagt. Da mir die Ehre 
zu teil wurde, zur Linken des Reichskanzlers zu sitzen, so konnte ich die Wahr- 
nehmung machen, daß er sich eines ganz vortrefflichen Appetits erfreute und 
sich in sehr aufgeräumter Stimmung befand. Es ging überhaupt sehr ungenirt, 
fast möchte ich sagen burschikos her; bei der Cigarre blieben Fürstin und 
Tochter mit der Gesellschaft zusammen, der Fürst schmauchte seine Pfeife, und 
zwei große Hunde vollendeten das Ensemble. 
Als Protokollführer des Bundesrats fungirte, nachdem Eck diese Stelle 
wegen Ueberhäufung mit anderen dienstlichen Arbeiten hatte aufgeben müssen, der 
1) Auch von diesem Diner ist in Kohls Bismarck-Regesten unterm 31. März 1876 
nichts vermerkt.
	        
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