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im ganzen Bankgebiet aufgestellt werden, wobei freilich beabsichtigt wird, nur
zuverlässigen Personen, einerlei, welchem Berufe sie angehören, ein Conto
zu bewilligen. Der Präsident verspricht sich großen Erfolg von dieser Ein—
richtung, nicht allein für das Publikum, sondern auch für die Bank durch den
Zuwachs, den ihr Betriebsfonds durch die Girosaldi erhalten wird. Er meinte,
in Berlin werde man bald alle seine Zahlungen durch Checks und Uebertragungs-
zettel effektuuren; er habe für seine Person bereits beschlossen, keine Cassa-
zahlungen mehr zu machen, und bitte vornehmlich den Reichskanzler, ebenso zu
verfahren und zu dem Ende ein Conto zu nehmen, damit er mit ihm Reklame
machen könne. Fürst Bismarck antwortete ausweichend, daß der Präsident sich
dieserhalb an seine Frau wenden müsse; sie führe seine ganze Hausstandsrechnung
und er empfange nur ein Taschengeld.
Im übrigen berichtete der Präsident noch über die Aufbewahrung von
Wertpapieren und die damit verbundene Einziehung von Coupons und aus-
gelosten Stücken, welche eine sehr große Ausdehnung zu gewinnen versprechen,
so daß er in Aussicht genommen habe, den Provisionssatz von ⅛ per Mille
demnächst zu erhöhen.
Bis dahin hatte der Reichskanzler mit Geduld zugehört. Jetzt aber gab
er durch ein immer heftigeres Geräusch mit der Feder zu erkennen, daß er
genug habe, und der Präsident schien die Gewohnheiten seines Gebieters hin-
reichend zu kennen, um sofort rasch und kaum vermittelt abzubrechen. Der
Stoß von Papieren, den er vor sich hatte, schien anzudeuten, daß er uns noch
vielerlei zugedacht hatte. Es war aber mittlerweile Essenszeit geworden, und
der Fürst schloß daher die Versammlung mit dem Bemerken, daß uns selbst-
verständlich jede etwa weiter gewünschte Auskunft zur Verfügung stehe und
wir ersucht seien, uns dieserhalb mit dem Präsidenten in Verbindung zu setzen.
Bei dem darauf folgenden Diner 1) trafen wir mit einer Deputation aus
Hanau zusammen, welche dem Reichskanzler als Zeichen der Verehrung ein
überaus kunstreich gearbeitetes Kästchen überreicht hatte, sowie mit dem Professor
v. Pettenkofer, der hier mit der Cholerakommission tagt. Da mir die Ehre
zu teil wurde, zur Linken des Reichskanzlers zu sitzen, so konnte ich die Wahr-
nehmung machen, daß er sich eines ganz vortrefflichen Appetits erfreute und
sich in sehr aufgeräumter Stimmung befand. Es ging überhaupt sehr ungenirt,
fast möchte ich sagen burschikos her; bei der Cigarre blieben Fürstin und
Tochter mit der Gesellschaft zusammen, der Fürst schmauchte seine Pfeife, und
zwei große Hunde vollendeten das Ensemble.
Als Protokollführer des Bundesrats fungirte, nachdem Eck diese Stelle
wegen Ueberhäufung mit anderen dienstlichen Arbeiten hatte aufgeben müssen, der
1) Auch von diesem Diner ist in Kohls Bismarck-Regesten unterm 31. März 1876
nichts vermerkt.