Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Landrat und Hilfsarbeiter im Reichskanzler-Amt 
v. Pommer-Eschet) 
(geboren 1837) 
und zwar ohne Unterbrechung seit dem Sommer 1871 bis Ende Juli 1879, 
wo derselbe wegen seiner Ernennung zum Unterstaatssekretär in Straßburg 
dieses Nebenamt abgab. Vertretungen fanden nur in Ausnahmefällen statt, 
in denen Pommer-Esche behindert war, an einer Sitzung teilzunehmen. 
Derselbe hat also bei Beratung aller der bedeutenden Reichsgesetze, welche in 
den Jahren seit Herbst 1871 bis Herbst 1879 erlassen sind, das Protokoll 
geführt. Bei dieser Sachlage werden die folgenden Notizen, deren Benutzung 
er mir für mein Werk überlassen hatte, von besonderem Werte sein. 
„Den Vorsitz im Bundesrat führte meistens der Staatsminister Dr. Del- 
brück;7) der Reichskanzler Fürst Bismarck übernahm ihn nur ausnahmsweise. 
Dies war meines Erinnerns namentlich bei solchen Vorlagen der Fall, welche 
den Zweck hatten, das Reich finanziell auf eigene Füße zu stellen, insbesondere 
bei Gesetzentwürfen über indirekte Steuern. Die Anwesenheit des Fürsten- 
Reichskanzlers machte für den Protokollführer, obgleich er dem Vorsitzenden 
gegenüber saß, besondere Aufmerksamkeit nötig. Denn während die anderen 
Bevollmächtigten auf Wunsch des Protokollführers in der Regel eine Formulirung 
ihrer Anträge und Erklärungen gaben, vermied es der Protokollführer, den 
Fürsten-Reichskanzler um eine solche zu bitten, er suchte vielmehr selbst für die 
Aeußerungen des Reichskanzlers eine möglichst knappe Fassung zu finden. Die 
  
1) Albert v. Pommer-Esche, 1865 Landrat des Kreises Moers am Rhein, 1867 bis 
1869 Mitglied des Abgeordnetenhauses, der freikonservativen Fraktion beigetreten, am 
7. September 1870 im Gefolge des Heeres in den Dienst des General-Gouvernements in 
Straßburg berufen und mit der Verwaltung des französischen Arrondissements Sarre- 
guemines (jetzigen Kreises Saargemünd und Forbach) beauftragt. Am 15. Juli 1871 wurde 
er dem Reichskanzler-Amt überwiesen und hauptsächlich mit der Bearbeitung von Geschäften 
von Elsaß-Lothringen im Bundesrat beauftragt. Im Juni 1872 unter Gegenzeichnung 
des Fürsten Bismarck zum vortragenden Rat im Reichskanzler-Amt (Geheimer Regierungsrat, 
später Geheimer Ober-Regierungsrat) ernannt. Als dann am 1. Oktober 1879 die Zentral- 
verwaltung von Elsaß-Lothringen nach Straßburg verlegt und der Generalfeldmarschall 
Freiherr v. Manteuffel Statthalter von Elsaß-Lothringen wurde, erfolgte seine Ernennung 
zum Unterstaatssekretär in dem neu begründeten Ministerium von Elsaß-Lothringen und 
zum Vorstand der Abteilung dieses Ministeriums für Inneres, Kultus und Unterricht. 
Meinungsverschiedenheiten mit Herrn v. Manteuffel wegen der Behandlung der deutschen 
Beamten in Elsaß-Lothringen veranlaßten 1883 seinen Rücktritt in den preußischen Staats- 
dienst, in dem er bis Oktober 1888 als Regierungspräsident in Stralsund (seiner elterlichen 
Heimat), dann bis Oktober 1890 als Regierungspräsident in Trier, seit Oktober 1890 als 
Oberpräsident der Provinz Sachsen zu Magdeburg thätig ist. 
2) Beiläufig bemerkt, hat sich Delbrück im Jahre 1875 mit einer Schwester Albert 
v. Pommer-Esches verheiratet. 
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. II. 14
	        
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