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Die Gründe, aus denen der Justizausschuß dem Plenum diese Maßregel
empfahl, sind in einem Berichte enthalten, dem ich bei der großen Wichtigkeit
des dabei in Frage kommenden Gesetzgebungswerkes das Folgende entnehme:
Der Entwuf der norddeutschen Kommission, welcher durch den Druck veröffent-
licht wurde, erregte die öffentliche Aufmerksamkeit in hohem Maße und gab zu
zahlreichen Beurteilungen Anlaß. Es erschien eine ziemlich erhebliche Anzahl
kleiner Broschüren hierüber und in mehreren juristischen Kreisen wurden ein-
gehende kritische Beratungen über ihn gepflogen. Außerdem nahm insbesondere
auch die Königlich preußische Staatsregierung Veranlassung, eine eingehende
Prüfung des Entwurfs vorzunehmen. Diese Prüfung ergab verschiedene wich-
tige Bedenken, deren sachliche und formelle Tragweite dazu führte, daß im
Königlich preußischen Justizministerium ein förmlicher Gegenentwurf ausgearbeitet
und dem Bundesrat in Vorlage gebracht wurde. Es stand somit fest, daß
mindestens die Königlich preußische Regierung es nicht für thunlich hielt, den
von der Kommission ausgearbeiteten Entwurf trotz seiner unzweifelhaften Vor-
züge ohne neue Revision zum Gesetze zu erheben. Dieser Thatsache gegenüber
konnte es keines Nachweises mehr bedürfen, daß die Versuche, durch kommissionelle
Beratungen zu einem für die Einführung sich eignenden Gesetzentwurfe zu ge-
langen, fortgesetzt werden mußten. Es fragte sich nur, ob es sich empfehle,
die frühere Kommission zur Wiederaufnahme ihrer Arbeiten zu berufen. Der
Ausschuß glaubte sich gegen diese Maßregel aussprechen zu müssen, weil die
frühere Kommission nicht mehr vollzählig war, sondern erhebliche Verluste er-
litten hatte und andere Mitglieder derselben in Berufsverhältnisse eingetreten
waren, die eine längere Abwesenheit derselben vom Hause geradezu als unmöglich
erscheinen ließen, weil ferner das Verlangen, die Kommission solle das als recht
und gut Befundene fallen lassen und an dessen Stelle etwas wesentlich Neues
setzen, das Maß des Zulässigen zu überschreiten schien, hauptsächlich aber um
deswillen, weil aus rein objektiven Gründen nunmehr eine anderweitige Zu-
sammensetzung der Kommission als notwendig sich darstellte. Zunächst kam in
Betracht, daß nunmehr durch den Beitritt der Südstaaten zum Bunde mehrere
neue Prozeßrechtsgebiete hinzugekommen waren, für deren Vertretung Fürsorge
getroffen werden mußte, wenn man dieselben Grundsätze bei den nun bevor-
stehenden kommissionellen Beratungen maßgebend sein lassen wollte, die früher
als die entscheidenden betrachtet worden waren. Sodann bedurfte die Frage
einer besonderen Erwägung, ob es nicht angezeigt sei, in der Kommission
künftig auch den Stand der Rechtsanwälte zur Vertretung seiner An-
schauungen zuzulassen. Gewiß entsprach es der Natur der Sache, daß bei der
Beratung eines Gesetzbuchs, bei dessen Anwendung dem Anwaltsstande eine so
hervorragende Aufgabe zufiele, dieser Stand auch in den Kreis der Beratenden
mit hereingezogen werde. Man durfte diese Berücksichtigung des Anwaltstandes
um so minder ablehnen, als schon bald nach dem Zusammentritte der früheren