Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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6. Eisenbahnwesen. 
Differentialtarife. Das Schreiben des Präsidenten des Reichstags, 
demzufolge der Reichstag beschlossen hatte, die Petition des Sagan-Sprottauer 
land- und volkswirtschaftlichen Vereins, die Differentialtarife der Eisenbahnen 
betreffend, „dem Reichskanzler mit dem Ersuchen zu überweisen, die Frage der 
Differentialtarife auf den Eisenbahnen einer eingehenden Prüfung unter Mit— 
wirkung von Sachverständigen der Landwirtschaft, des Handels, der Industrie 
und der Eisenbahnverwaltungen unterziehen zu lassen und dem Reichstag von 
dem Resultat dieser Untersuchung Mitteilung machen zu wollen,“ wurde von 
dem Reichskanzler in der Sitzung vom November 1871 dem Bundesrat vor— 
gelegt und von letzterem dem Ausschuß für Eisenbahnen, Post und Telegraphen 
überwiesen. 
Mit der demnächst vom Bundesrat beschlossenen Vornahme näherer Er— 
hebungen erklärt sich zwar auch der bayerische Bevollmächtigte einverstanden, der— 
selbe glaubte aber im Hinblick auf die Bestimmung des Artikels 46 Absatz 2 
der Reichsverfassung bezüglich etwaiger weiteren Beschlüsse in dieser Angelegenheit 
seiner Regierung die volle Freiheit ihrer Entschließungen vorbehalten zu müssen.!) 
Gotthardbahn-Subvention. In dieser Angelegenheit richtete Bismarck 
unterm 14. Oktober 1871 das nachstehende Schreiben?) an den Bundesrat: 
Durch das Bundesgesetz vom 31. Mai 1870 wurde das Bundes-Präsidium 
ermächtigt, dem zwischen Italien und der Schweiz am 15. Oktober 1869 über 
die Herstellung und Subventionirung der Gotthardbahn abgeschlossenen Staats- 
vertrage beizutreten und dem Unternehmen eine nach Maßgabe des Artikels 17 
jenes Vertrages zahlbare Subvention in Höhe von zehn Millionen Franken 
zuzusichern. Diese Ermächtigung beruhte auf der Erwägung, daß die Bedeutung 
der seit einer Reihe von Jahren angestrebten direkten Eisenbahnverbindung 
zwischen der Schweiz und Italien über jene zwei zunächst beteiligten Länder 
weit hinausreiche, und für einen großen Teil des übrigen zentralen Europas, 
insbesondere aber für das westliche und südwestliche Deutschland so sehr 
hervortrete, daß das Unternehmen sich als ein internationales im weiteren 
Sinne darstelle, dessen materielle Unterstützung durch Deutschland in den inter- 
nationalen, politischen und kommerziellen Verhältnissen, sowie in der Höhe der 
vormaligen zu den finanziellen Kräften der beiden zunächst beteiligten Länder 
außer Verhältnis stehenden Kosten eine Begründung finde. Die in Bezug auf 
1) Ueber die Zusammensetzung der Enquetekommission vgl. die „National-Zeitung"“ 
vom 2. Januar 1872; Verhandlungen des Bundesrats über das Eisenbahnpolizei-Reglement, 
Nr. 529 vom 11. November 1871 und 587 vom 15. Dezember 1871; Ablehnung einer 
Petition, gerichtet auf den Bau einer Main-Lahn-Sieg-Eisenbahn, Nr. 271 vom 13. Juni 1871. 
2) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen.
	        
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