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Strecke Vegesack-Käseburg schleunigst ausgeführt und ein Korrektionsplan für
die Strecke Käseburg-Sterhausen aufgestellt werden. Diese Kommissionsvorschläge
waren dann auch von dem preußischen Geheimen Baurat Gercke, welchen der
Reichskanzler als Präsidialkommissar delegirt hatte, nachdrücklich befürwortet
worden und hatte demzufolge der Reichskanzler die oldenburgische Regierung
um Ausführung der Strombauten für die Strecke Vegesack-Käseburg, sowie um
eine Verständigung mit Preußen bezüglich der Korrektion der Strecke Käseburg-
Sterhausen ersucht. Oldenburg wollte nun zwar Verhandlungen mit Preußen
einleiten, hatte aber die Uebernahme einer bestimmten vertragsmäßigen Ver-
pflichtung zur baldigen Ausführung des zu vereinbarenden Korrektionsplanes
abgelehnt, während Preußen den Eintritt in die Verhandlungen ohne vor-
gängige Feststellung solcher Verpflichtung für nutzlos erklärte. Aus Anlaß dieser
Differenz stellte der Reichskanzler, auf den Artikel 4 Nr. 9 der Reichsverfassung
gestützt, beim Bundesrat den Antrag, daß durch technische Kommissare des Reiches
der Zustand des Fahrwassers der Weser von Vegesack abwärts einer eingehenden
Untersuchung unterzogen und behufs Abstellung der etwa vorgefundenen Mängel
ein von den beteiligten Uferstaaten auszuführender Korrektionsplan festgestellt werde.
Die Frage, ob die infolge der Aufhebung der Elbzölle in den
Nachtragsetat aufgenommene Ausgabe von 100 054 Thalern von den Staaten
des vormaligen Norddeutschen Bundes allein oder von sämtlichen Staaten des
Deutschen Reichs aufzubringen sei, entschied der Bundesrat bei Feststellung des
Nachtragsetats für das Jahr 18711) in letzterem Sinne. Hierbei erklärte
der württembergische Minister v. Mittnacht: Die württembergische Regierung
lege entschieden mehr Wert auf die Erzielung eines Einvernehmens in solchen
Fragen mit den verbündeten Regierungen als auf ein pekuniäres Opfer,
bezüglich dessen die Rechtsverbindlichkeit etwa zweifelhaft wäre. Er habe des-
halb zu erklären, daß, wofern die Regierungen des vormaligen Norddeutschen
Bundes eine Rechtsverbindlichkeit der süddeutschen Staaten als vorliegend
betrachten oder auch es nur politisch rätlich oder zweckmäßig finden, daß an
der fraglichen Last die süddeutschen Staaten partizipiren, die württembergische
Regierung keinen Widerspruch zu erheben gesonnen ist. Der badische Bevoll-
mächtigte fügte hinzu, daß auch Baden gegen die Beteiligung der süddeutschen
Staaten mit Rücksicht auf die Wünsche der Staaten des Norddeutschen Bundes
und um der Bereitwilligkeit zur Förderung der gemeinsamen Zwecke Ausdruck
zu geben, sich bereit erkläre, zur Deckung jener Ausgabe auch seinerseits bei-
zutragen. Durch diese Erklärung sollte indes die Rechtsfrage nicht entschieden,
auch nicht zu der Folgerung Anlaß gegeben werden, daß in allen ähnlichen Fällen
das Deutsche Reich als Rechtsnachfolger des Norddeutschen Bundes zu gelten habe.
1) „National-Zeitung“ Nr. 114 vom 8. März 1871, Nr. 170 vom 12. April 1871.
Val. auch die Nr. 149 vom 28. März 1871 und die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“
Nr. 86 vom 14. April 1871 (Vorschläge des Ausschusses).