— 17 —
barlichen Beziehungen sich zu einem Verhältnis freundschaftlichen Vertrauens
entwickelt, wie es mir außerhalb meiner Familie nun zu niemand mehr ver—
bleibt. In meinen Jahren füllt das Leben die Lücken nicht mehr, die der Tod
in dem Kreise der Freunde macht, sie bleiben ungeschlossen. Der Gedanke an
die beiden frohen Tage, die wir hier in der vorigen Woche zusammen verlebten,
verschärft das Gefühl der Trauer von heut; aber doch danke ich Gott für diese
wehmütige Erinnerung an eine letzte Begegnung. Meiner Frau und meine
Gedanken sind ohne Unterlaß und in treuer Freundschaft bei Ihnen und Ihren
Kindern. Ihren Herrn Vater grüße ich in herzlicher Teilnahme.
v. Bismarck.“
Nachstehend lasse ich noch zwei Briefe folgen, welche Spitzemberg an seinen
Schwiegervater, den Freiherrn v. Varnbüler, richtete. Der erste, d. d. 13. De-
zember 1866, lautet:
„Lieber Vater!
„Ich habe Dir geschrieben, daß eien Begegnung mit dem Grafen Bismarck
auf dienstlichem Wege eigentlich unmöglich ist. Außer für die Botschafter ist
der Graf für niemand sichtbar. Herr v. Thile ist mit allen Geschäften beauf-
tragt und der Minister hat nur die Angelegenheiten des Norddeutschen Bundes
ausschließlich für sich reservirt. Demgemäß hatte Herr v. Thile die Weisung,
alle Diplomaten strenge von dem Grafen ferne zu halten. Ich versuchte daher,
mir andere Zugänge zu eröffnen, was schwer war, da auch die Gräfin sich
ebenso sehr abschließen zu wollen schien und der Portier des Auswärtigen Amtes
jedermann mit der bestimmt lautenden Antwort abwies, die Gräfin empfange
die Diplomaten noch nicht. Nach Verfluß einiger Tage verlangte ich angemeldet
zu werden, allein ich traf es unglücklich, denn es war jetzt und mehrmals
darauf die Gräfin jedesmal ausgefahren. Gestern endlich gelang es mir, Zutritt
zu erlangen, nachdem ich vorher den beiden jungen Grafen auf der Straße
begegnet und ihnen aufgegeben hatte, meinen Besuch bei ihrer Mutter anzusagen.
Ich wurde mit der alten Herzlichkeit empfangen und blieb so lange, bis auch
der Graf erschien, eben im Begriffe, zum Vortrage bei dem Könige zu fahren.
Er begrüßte mich in der gewohnten kordialen Weise und erwiderte mir, als ich
ihm mein Bedauern aussprach, ihm nicht früher mich haben vorstellen zu können:
„Ich bin noch nicht hier!“ Er war in Generalsuniform und sein Aussehen
gesunder, besser, frischer, als ich es je früher gefunden habe. Er erzählte mir,
daß er körperlich ganz wohl sei, daß er aber mit Geschäften sich sehr schonen
müsse und jede größere Anstrengung mit Schlaflosigkeit zu büßen habe. Die
Folge sei dann eine erhöhte Reizbarkeit, unter der seine Kollegen und Beamten
zu leiden haben. Trotz der strengsten Befehle, die er seinen Beamten bei Gefahr
der Versetzung auf dem Disziplinarwege nach den entferntesten Provinzen der
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. II. 2