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die Erhaltung der notwendigen Ordnung im eigenen Haushalt wesentlich erschwert
wird. Dem Reiche nicht, weil dieses in der Verfolgung seiner Aufgabe auf
den Gebieten der Gesetzgebung und der Verwaltung nur bei voller finanzieller
Unabhängigkeit frei und ungehemmt vorgehen kann. Diese Erwägungen führen
auf die Frage, ob nicht dem Reich weitere eigene Einnahmen von
dauernder Ergiebigkeit verfügbar gemacht werden können. Soll
dabei in die bestehenden Steuersysteme der einzelnen Bundesstaaten nicht störend
eingegriffen und doch ein Steuerobjekt gefaßt werden, das einen hohen Ertrag
abwerfen kann, so bietet sich als ein solches der Tabak dar, dessen Verbrauch
nach Art. 35 der Verfassung bereits dem Reich ausschließlich zur Besteuerung
überwiesen ist, bis jetzt aber faktisch nicht so hoch besteuert wird, als er nach
den Erfahrungen anderer Staaten herangezogen werden könnte.
Die finanziellen Ergebnisse der gemeinschaftlichen Tabaksteuer in Deutschland
sind bis jetzt ganz geringfügige gewesen. Sehr hohe Einnahmen werden dagegen
aus der Besteuerung des Tabakverbrauchs namentlich in denjenigen Staaten
erzielt, in welchen der Tabakverkehr der Privatindustrie entzogen und dem
Monopol unterworfen ist. Im Hinblick hierauf haben die württembergischen
Bevollmächtigten bei den Verhandlungen, welche dem Abschlusse des Vertrages
vom 25. November 1870 über den Beitritt zu der zwischen dem Norddeutschen
Bunde, Baden und Hessen vereinbarten Verfassung des Deutschen Bundes vorher-
gegangen sind, den Wunsch ihrer Regierung auszusprechen gehabt, daß der
Bundesrat sobald als thunlich die Einführung des Tabakmonopols in Erwägung
nehmen möge. Die Königlich württembergische Regierung erachtet es an der
Zeit, auf den Gegenstand zurückzukommen. In ihrem Auftrage haben die Unter-
zeichneten die Ehre, der Beschlußfassung des Bundesrats den Antrag zu unter-
stellen: die Frage einer höheren Besteuerung des Tabakverbrauchs im Deutschen
Reiche, insbesondere auch die Frage der Einführung des Tabakmonopols, einer
näheren Prüfung und Erörterung zu unterziehen. Die Annahme ist wohl eine
gerechtfertigte, daß der Gegenstand so wird gefördert werden können, daß der
Bundesrat über die Vorlage der betreffenden Ausschüsse in der Herbstsession zu
beschließen in der Lage sein wird.
Der württembergische Antrag fand bei den preußischen Mitgliedern des
Bundesrats (Camphausen, Delbrück), wie man sich denken kann, wenig Anklang.
Man hielt es für inopportun, für den auf dem Prinzip der Handelsfreiheit
aufgebauten Zollverein ein Institut zu empfehlen, welches zu den schwierigsten
und komplizirtesten Finanzeinrichtungen gehöre, langer Vorbereitungen zu seiner
Realisirung bedürfe und die Beschaffung eines nach Millionen zählenden Anlage-
und Betriebskapitals erfordere. Der Antrag wurde denn auch in aller Stille
begraben. Es scheint, daß das Plenum des Bundesrats gar nicht damit
befaßt wurde.