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Die große Anzahl sonstiger elsaß-lothringischer Gesetzentwürfe, welche
Bismarck dem Bundesrat vorlegte, hat daselbst zu keinen großen Erörterungen
und Meinungsverschiedenheiten Anlaß gegeben. 1)
auferlegt; es ist schon öster die Frage ausgeworfen worden, was diese Verantwortlichkeit
bedeute, und niemand hat sich die unfruchtbare Mühe gegeben, die Frage zu beantworten.
Aber Fürst Bismarck tritt in eine ganz neue Phase seines staatsmännischen Wirkens; vor
dem ganzen Deutschland und ohne jede Deckung durch mitverantwortliche Genossen legt er
die schwere Probe ab, was er für das Wohl eines tief erschütterten Landes durch die
Friedensarbeit der innern Verwaltung zu leisten vermag. In dieser Rolle hat sich Fürst
Bismarck bisher noch nicht bewährt, kaum versucht. So untergeordneten Wert legte er
selbst auf seine Teilnahme an der innern Verwaltung, daß er wiederholt mit dem Ge-
danken umging, seinen Posten als Ministerpräsident niederzulegen, und thatsächlich den
Geschäften dieses für die Verwaltung bedeutenden Amtes sich entzog. Jetzt aber kann
Fürst Bismarck nicht von den Geschäften sich zurückziehen, für welche die kaiserliche Re-
gierung eine unbeschränkte Vollmacht erhalten hat. Denn weit weniger von den Gesetzen,
an denen der Bundesrat mitwirkt, als von der Art, in welcher die Verwaltung gehand-
habt werden wird, hangen Gewinn oder Schaden ab, welchen das Provisorium stiften wird.
Fürst Bismarck persönlich besitzt nicht alle Kenntnisse und Geschicklichkeiten, welche eine
gute Verwaltung, besonders ihre wichtigen Einzelheiten voraussetzen; wir wissen nicht, ob
es je ein solches Verwaltungsgenie gegeben hat. Doch die hohe Bedeutung des Staats-
mannes besteht nicht darin, alles selbst thun zu können, sondern die wahre Größe sucht die
tüchtigsten Männer sich zu Gehilfen und richtet das vorzüglichste Streben darauf, den
richtigen Mann herauszufinden. Die Auswahl der Beamten war nie von so entscheidender
Wichtigkeit, wie jetzt für Elsaß und Lothringen.
1) Zu vergleichen über den Gesetzentwurf, betreffend: a) die Verwaltungseinrichtung in den
Reichslanden, „National-Zeitung“ Nr. 594 vom 19. Dezember 1871, Nr. 4 vom 4. Januar
1872, „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 298 vom 21. Dezember 1871, Nr. 4 vom
6. Januar 1872; b) Veränderungen in der innern Einrichtung der Gerichte, „National-
Zeitung“ Nr. 303 vom 2. Juli 1871, Nr. 315 vom 9. Juli 1871, „Norddeutsche All-
gemeine Zeitung“ Nr. 151 vom 2. Juli 1871; c) Einführung der Bestimmungen über
das Reichs-Kriegswesen, „National-Zeitung“ Nr. 485 vom 17. Oktober 1871; d) Einführung
des das Eisenbahnwesen betreffenden Abschnittes 7 der Reichsverfassung, Nr. 559 vom
29. November 1871, „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 280 vom 30. November 1871;
e) Bestellung des Bundes-Oberhandelsgerichts zum obersten Gerichtshof, „National-Zeitung“
Nr. 250 vom 1. Juni 1871; f) den außerordentlichen Geldbedarf für die Reichseisenbahnen,
Nr. 250 vom 1. Juni 1871; g) die Einführung von Art. 33 der Reichsverfassung, Nr. 319
vom 12. Juli 1871; b) die Einführung der deutschen Zollgesetzgebung, Nr. 319 vom
12. Juli 1871, Nr. 373 vom 12. August 1871; i) die Aufhebung des Zwangskurses der
französischen Banknoten, Nr. 443 vom 22. September 1871, Nr. 446 vom 23. September
1871; k) das Etatsgesetz für die Verwaltung von Elsaß-Lothringen, Nr. 584 vom 13. De-
zember 1871; 1) die Einrichtung der Forstverwaltung, Nr. 572 vom 6. Dezember 1871;
m) die amtliche Geschäftssprache, „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 42 vom 20. Fe-
bruar 1872; y) die Einsetzung außerordentlicher Kommissare zur Verwaltung einzelner
Gemeinden, „National-Zeitung“ Nr. 56 vom 3. Februar 1872; o) die Dispensation von
Ehehindernissen 2c., „National-Zeitung“ Nr. 56 vom 3. Februar 1872; p) den Waffen-
gebrauch des Militärs im Friedensdienst, Nr. 104 vom 2. März 1872; a) Beitrag zu den
Kosten der Garnisonen, Nr. 61 vom 6. Februar 1872; 7) die Kriegergräber, Nr. 29 vom
18. Januar 1872. Nr. 96 vom 27. Februar 1872; s) Vorlage Bismarcks vom 26. Januar