Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Später einigte sich der Bundesrat über eine Summe von circa 500 000 
Thalern für die Wiener Weltausstellung. Man fand diese Summe insofern für 
nicht zu hoch, als man die Verpflichtung anerkannte, der infolge bisheriger 
Erfahrungen ersichtlich vorhandenen Abneigung an der Beteiligung bei inter- 
nationalen Ausstellungen entgegenzutreten. Die württembergische Regierung be- 
antragte, daß das Reich auch die Kosten für erforderlich werdende Fundamen- 
tirungen tragen sollte, und ferner, daß den Einzelstaaten, welche bereits zu den 
Kosten des Reichs beizutragen hätten, nicht noch besondere Kosten für die Unter- 
stützung ihrer Industriellen erwachsen sollten. Beide Anträge wurden abgelehnt; 
dagegen beschloß man, womöglich einen gemeinsamen Modus für den Kosten- 
betrag, welcher den Einzelstaaten zufallen sollte, zu vereinbaren. 
Das Ergebnis der Beratung der oben erwähnten, aus Vertretern der 
deutschen Regierungen gebildeten Ausstellungskommission wurde von dem Reichs- 
kanzler am 19. Januar 1872 1) dem Bundesrat zur Beschlußnahme vorgelegt. 
Die mecklenburgische Verfassungsfrage wurde im Herbst 1871 
durch einen erneuten Beschluß des Reichstags vor den Bundesrat gebracht. Der 
Bundesrat vertagte seine Beratung, da Herr v. Bülow die Erklärung abgab, die 
mecklenburgische Regierung hätte bereits einleitende Schritte zu einer Umgestaltung 
der Verfassung gethan. Bald darauf wurden die Grundzüge des Reformplanes 
dem Bundesratsbevollmächtigten v. Bülow mit dem Auftrage mitgeteilt, dem 
Reichskanzler :2) und dem Bundesrat vertraulich davon Kenntnis zu geben. 
Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Aktiengesellschaften. 
Bei Gelegenheit der Unterzeichnung der vom Norddeutschen Bund mit der 
Schweiz am 13. Mai 1869 abgeschlossenen Literarkonvention war zugleich eine 
protokollarische Verabredung über die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der beider- 
seitigen Aktiengesellschaften getroffen worden. Darnach sollten die Aktiengesell- 
schaften des Norddeutschen Bundes und der Schweiz gegenseitig als zu Recht 
bestehend, insbesondere als zum Auftreten vor Gericht für befähigt anerkannt 
sein, sofern die Errichtung nach den Gesetzen des Landes, wo die Gesellschaft 
ihr Domizil hatte, giltig erfolgt war. Dagegen entschieden über die Zulassung 
solcher Gesellschaften zum Gewerbe= und Geschäftsbetriebe lediglich die Landes- 
gesetze. Die Abschließung gleichartiger Abkommen zwischen dem Deutschen Reich 
einer= und den Regierungen anderer außerdeutschen Staaten andererseits war 
bereits mehrfach in Anregung gekommen; Italien und Belgien hatten sich bereits 
hier zu ähnlicher Abrede bereit erklärt, deutsche Aktiengesellschaften wünschten 
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt. Ueber die Zusammensetzung und 
Arbeit der Kommission vgl. die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 47 vom 25. Fe- 
bruar 1872. 
2) Ueber die Unterredung, welche Bülow in dieser Frage am 21. Oktober 1871 mit 
Bismarck hatte, vgl. oben S. 197.
	        
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