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Später einigte sich der Bundesrat über eine Summe von circa 500 000
Thalern für die Wiener Weltausstellung. Man fand diese Summe insofern für
nicht zu hoch, als man die Verpflichtung anerkannte, der infolge bisheriger
Erfahrungen ersichtlich vorhandenen Abneigung an der Beteiligung bei inter-
nationalen Ausstellungen entgegenzutreten. Die württembergische Regierung be-
antragte, daß das Reich auch die Kosten für erforderlich werdende Fundamen-
tirungen tragen sollte, und ferner, daß den Einzelstaaten, welche bereits zu den
Kosten des Reichs beizutragen hätten, nicht noch besondere Kosten für die Unter-
stützung ihrer Industriellen erwachsen sollten. Beide Anträge wurden abgelehnt;
dagegen beschloß man, womöglich einen gemeinsamen Modus für den Kosten-
betrag, welcher den Einzelstaaten zufallen sollte, zu vereinbaren.
Das Ergebnis der Beratung der oben erwähnten, aus Vertretern der
deutschen Regierungen gebildeten Ausstellungskommission wurde von dem Reichs-
kanzler am 19. Januar 1872 1) dem Bundesrat zur Beschlußnahme vorgelegt.
Die mecklenburgische Verfassungsfrage wurde im Herbst 1871
durch einen erneuten Beschluß des Reichstags vor den Bundesrat gebracht. Der
Bundesrat vertagte seine Beratung, da Herr v. Bülow die Erklärung abgab, die
mecklenburgische Regierung hätte bereits einleitende Schritte zu einer Umgestaltung
der Verfassung gethan. Bald darauf wurden die Grundzüge des Reformplanes
dem Bundesratsbevollmächtigten v. Bülow mit dem Auftrage mitgeteilt, dem
Reichskanzler :2) und dem Bundesrat vertraulich davon Kenntnis zu geben.
Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Aktiengesellschaften.
Bei Gelegenheit der Unterzeichnung der vom Norddeutschen Bund mit der
Schweiz am 13. Mai 1869 abgeschlossenen Literarkonvention war zugleich eine
protokollarische Verabredung über die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der beider-
seitigen Aktiengesellschaften getroffen worden. Darnach sollten die Aktiengesell-
schaften des Norddeutschen Bundes und der Schweiz gegenseitig als zu Recht
bestehend, insbesondere als zum Auftreten vor Gericht für befähigt anerkannt
sein, sofern die Errichtung nach den Gesetzen des Landes, wo die Gesellschaft
ihr Domizil hatte, giltig erfolgt war. Dagegen entschieden über die Zulassung
solcher Gesellschaften zum Gewerbe= und Geschäftsbetriebe lediglich die Landes-
gesetze. Die Abschließung gleichartiger Abkommen zwischen dem Deutschen Reich
einer= und den Regierungen anderer außerdeutschen Staaten andererseits war
bereits mehrfach in Anregung gekommen; Italien und Belgien hatten sich bereits
hier zu ähnlicher Abrede bereit erklärt, deutsche Aktiengesellschaften wünschten
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt. Ueber die Zusammensetzung und
Arbeit der Kommission vgl. die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 47 vom 25. Fe-
bruar 1872.
2) Ueber die Unterredung, welche Bülow in dieser Frage am 21. Oktober 1871 mit
Bismarck hatte, vgl. oben S. 197.