Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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in Bezug auf alle diese Fragen war es natürlich, daß Riedel bei seiner An- 
wesenheit in Berlin mit dem Reichskanzler direkt verkehrte, der stets auf das 
beste informirt war und dem bayerischen Minister immer auf das liebens- 
würdigste begegnete. Seinen ersten Besuchen folgte regelmäßig eine Einladung 
zum Diner, und nach Tisch nahm der Fürst alsdann jedesmal die Gelegenheit 
wahr, die schwebenden Fragen bei der Pfeife resp. Cigarre wiederholt in der 
zwanglosesten, aber immerhin sehr eingehenden Weise zu besprechen, und dabei 
noch oft mit der größten Offenheit und äußerst interessant über frühere Er- 
lebnisse und schwebende Zeitfragen zu reden, wie er das ja auch bekanntlich 
nach seinen offizielleren Diners und bei den parlamentarischen Abenden den 
Gruppen gegenüber, die sich nach Tisch um ihn zu bilden pflegten, fast stets 
gethan hat. — Bei dieser Gelegenheit war es dem bayerischen Minister be- 
sonders interessant, wahrzunehmen, wie ernst und wie lange der Fürst 
einzelne große Gedanken, die er oft viel später in Vollzug setzte, erwogen und 
mit sich herumgetragen hat. — Auch überraschte Herrn Riedel jedesmal auf 
das höchste der eminent praktische Blick desselben. 
Fürst Bismarck begegnete Bayern immer außerordentlich bundesfreundlich. 
In der Frage der Stempelpflichtigkeit der Postquittungen für Anweisungen 
stimmte Bayern bei der Ausschußberatung auch mit der Opposition. In 
der Zwischenzeit bis zur Plenarsitzung hatte sich aber der Minister Riedel 
glücklicherweise mit Preußen geeinigt, so daß der Groll des Kanzlers aus Anlaß 
der Ueberstimmung Preußens im Bundesrat Bayern nicht mittraf. 
Alles in allem kann man wohl sagen, Riedel zählt zu den bedeutendsten 
Köpfen, welche im Bundesrat gewirkt haben. 
3. Königreich Sachsen. 
Geheimer Justizrat Held!) 
(geboren 5. August 1830, gestorben 20. Dezember 1894) 
hat dem Bundesrat von 1872 bis 1894, also 22 Jahre angehört, und hier 
wie auch in seinem engeren Vaterlande ein dankbares Angedenken hinterlassen. 
1) In Leipzig geboren, wurde Held nach Absolvirung der juristischen Studien in Leipzig 
am 1. November 1852 als Auditor beim Appellationsgericht in Dresden zugelassen, am 
1. Juli 1854 zum Aktuar beim vormaligen Landgerichte Dresden, am 1. Januar 1857 
zum Staatsanwalt beim damaligen Bezirksgerichte Dresden ernannt und am 19. August 
1869 zum Stellvertreter des Generalstaatsanwaltes Dr. v. Schwarze mit dem Titel Justizrat 
befördert. Mit dem Range eines Geheimen Justizrats als vortragender Rat am 1. Juni 
1870 in das Justizministerium berufen, ernannte ihn der König am 16. Oktober 1879 zum 
Geheimrate und übertrug ihm nach dem Uebertritte Schwarzes in den Ruhestand die 
Stelle des ersten Staatsanwaltes beim Ober-Landesgericht mit dem Dienstprädikate General= 
staatsanwalt, welche Stelle er bis zu seinem Tode bekleidete. Daneben sungirte er als 
Referent im Gesamtministerium.
	        
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