Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Berlin, den 20. April 1872. 
An Frau Wanda v. Koethe. 
„Ich muß wegen des unglücklichen Brausteuergesetzes immer noch hier aus- 
halten, ohne in diesem Augenblick auch nur annähernd bestimmen zu können, 
wie lange das noch dauern wird. Das Gesetz ist an eine Kommission ver- 
wiesen, und in dieser muß ich den Punkt, der unser Interesse berührt, jedenfalls 
vertreten. 1) Wann dasselbe aber dort zur Beratung kommen wird, weiß Gott. 
Es ist in der That eine harte Geduldsprobe, und eine um so härtere, als ich 
mit ziemlicher Sicherheit voraussehen kann, daß mein Antrag in dem Reichstage 
fallen, demnach all meine Mühe und das Opfer, welches ich mit meinem langen 
Hiersein bringe, nutzlos aufgewendet sein wird.“ 
* 
Berlin, den 6. Mai 1872. 
An Frau Wanda v. Koethe. 
„Eben komme ich aus der Kommissionssitzung des Reichstags, und zwar 
mit einem den Umständen nach mindestens nicht ungünstigen Resultat. Die 
Bestimmung, auf die es mir ankam, 2) ist schließlich mit großer Majorität an- 
genommen worden, jedoch mit einer vorläufigen Zeitbeschränkung ihrer Gültigkeit 
bis zum 1. Januar 1876. 3) Nun, weiter hinaus wird sie für mich persönlich 
schwerlich noch eine Bedeutung haben. 
„Ich sehne mich, wie immer, nach Haus zurück, und überdies ist auch meine 
Anwesenheit in Gotha wegen des Landtags, der seit gestern dort tagt, dringend 
erforderlich." 
* 
Gotha, den 30. April 1872. 
An Frau Wanda v. Koethe. 
„In Berlin ist Hofrat Briegleb vorgestern abend infolge einer Operation 
gestorben. Sein Tod wird in England Verlegenheiten bereiten und namentlich 
die Königin, deren volles Vertrauen er besaß, schmerzlich berühren. Auch ich 
beklage ihn, denn trotz aller geschäftlichen Differenzen hat er sich zu mir persönlich 
doch immer freundschaftlich zu stellen gewußt, und gerade jetzt würde er mir 
im Reichstage als treuer Bundesgenosse zur Seite gestanden haben. 
„Nach der „IIndependance“ befindet sich der Herzog schon seit einigen Tagen 
in Neapel, hat also das Glück, das großartige Naturereignis — das jea freilich 
auch recht traurige Folgen hat — mitzuerleben. Die Frau Herzogin wird wohl 
1) Vgl. den Bericht der Reichstagskommission, Drucksache Nr. 67. 
2) Vgl. oben. 
3) Zu vergleichen § 44 des Gesetzes wegen Erhebung der Brausteuer, Reichs-Gesetzblatt 
53. 
S. 1
	        
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