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nicht gelingen, ihn in seiner Stellung zu erschüttern. Einen Grund zur Be—
unruhigung kann ich daher in seinem Rücktritt nicht erkennen.“
8. Osdenburg.
Geheimer Ministerialrat Selkmannt)
(geb. 7. März 1818).
Selkmann kannte Herrn v. Bismarck schon vom Erfurter Reichstag her,
woselbst er ihn häufig sprach und auch mitunter mit demselben speiste. Bis-
marck vertrat damals noch den Standpunkt des preußischen Junkers; in geselligem
Verkehr hatte er noch etwas vom Corpsstudenten übrig; daß dieser Bismarck
das Deutsche Reich schaffen, ja, daß ihm auch nur eine große Zukunft be-
schieden sein würde, ahnte damals keiner. Es währte 22 Jahre, da Bismarck
und Selkmann sich wieder trafen, wieder als Mitglieder einer und derselben
Körperschaft, nur nicht mehr wie 1850 als Kollegen; Selkmann trat als
Ministerialbeamter, und noch dazu als stellvertretendes Mitglied, in den Bundesrat
ein, dem Fürst Bismarck als Reichskanzler präsidirte. Die Beziehungen zwischen
Bismarck und Selkmann haben niemals einen warmen Charakter angenommen;
das beruhte zu Anfang darauf, daß das Verhältnis des Kanzlers zu dem Groß-
herzog von Oldenburg nicht immer das beste war; von größerem Einfluß war
noch der Umstand, daß Oldenburg bei Uebergang Bismarcks in das schutz-
zöllnerische Lager so lange als möglich die Fahne des Freihandels hoch zu
halten versuchte. Da die Abstimmungen Selkmanns im Bundesrat in den
handelspolitischen Fragen — den ihm erteilten Instruktionen gemäß — vielfach
nicht im Sinne der Reichspolitik lauteten, so lag auch hier (wie bei dem
mecklenburgischen Bundesbevollmächtigten) für Oldenburg der Keim zu Kon-
flikten in der Luft. Wer die Verhandlungen des Bundesrats genau verfolgte,
dem konnte es nicht entgehen, nach welcher Richtung hin diese Spannung ihren
Ausdruck fand. Seit den siebenziger Jahren war Oldenburg in den Ausschuß
für das Seewesen gewählt und infolge davon Selkmann in diesem Ausschuß
stimmberechtigt.) Im Jahre 1881 erfolgte zum erstenmal auf Bismarcks
1) Gerhard Heinrich Bernhard Wilhelm Selkmann, geboren zu Kloppenburg, katholisch.
Besuch des Gymnasiums zu Osnabrück, der Akademie zu Münster und der Universitäten
zu Heidelberg und Göttingen. Vortragender Rat beim Staatsministerium in den Depar-
tements der Justiz und des Innern. Mitglied der Gesetzkommission, der Ablösungs-
revisionsbehörde und der Kommission zur Wahrnehmung der staatlichen Rechte hinsichtlich
der katholischen Kirche. 1848 Mitglied des die Verfassung vereinbarenden Landtags, und
später wiederholt Mitglied des Landtags. 1850 Mitglied des Abgeordnetenhauses des
Erfurter Landtags. 1874 Geheimer Ober-Regierungsrat, 1877 Staatsrat, später Geheimer
Staatsrat und Wirklicher Geheimer Rat.
2) 1880 waren Mitglieder desselben: Preußen, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg,
Lübeck und Hamburg.