Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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nicht gelingen, ihn in seiner Stellung zu erschüttern. Einen Grund zur Be— 
unruhigung kann ich daher in seinem Rücktritt nicht erkennen.“ 
8. Osdenburg. 
Geheimer Ministerialrat Selkmannt) 
(geb. 7. März 1818). 
Selkmann kannte Herrn v. Bismarck schon vom Erfurter Reichstag her, 
woselbst er ihn häufig sprach und auch mitunter mit demselben speiste. Bis- 
marck vertrat damals noch den Standpunkt des preußischen Junkers; in geselligem 
Verkehr hatte er noch etwas vom Corpsstudenten übrig; daß dieser Bismarck 
das Deutsche Reich schaffen, ja, daß ihm auch nur eine große Zukunft be- 
schieden sein würde, ahnte damals keiner. Es währte 22 Jahre, da Bismarck 
und Selkmann sich wieder trafen, wieder als Mitglieder einer und derselben 
Körperschaft, nur nicht mehr wie 1850 als Kollegen; Selkmann trat als 
Ministerialbeamter, und noch dazu als stellvertretendes Mitglied, in den Bundesrat 
ein, dem Fürst Bismarck als Reichskanzler präsidirte. Die Beziehungen zwischen 
Bismarck und Selkmann haben niemals einen warmen Charakter angenommen; 
das beruhte zu Anfang darauf, daß das Verhältnis des Kanzlers zu dem Groß- 
herzog von Oldenburg nicht immer das beste war; von größerem Einfluß war 
noch der Umstand, daß Oldenburg bei Uebergang Bismarcks in das schutz- 
zöllnerische Lager so lange als möglich die Fahne des Freihandels hoch zu 
halten versuchte. Da die Abstimmungen Selkmanns im Bundesrat in den 
handelspolitischen Fragen — den ihm erteilten Instruktionen gemäß — vielfach 
nicht im Sinne der Reichspolitik lauteten, so lag auch hier (wie bei dem 
mecklenburgischen Bundesbevollmächtigten) für Oldenburg der Keim zu Kon- 
flikten in der Luft. Wer die Verhandlungen des Bundesrats genau verfolgte, 
dem konnte es nicht entgehen, nach welcher Richtung hin diese Spannung ihren 
Ausdruck fand. Seit den siebenziger Jahren war Oldenburg in den Ausschuß 
für das Seewesen gewählt und infolge davon Selkmann in diesem Ausschuß 
stimmberechtigt.) Im Jahre 1881 erfolgte zum erstenmal auf Bismarcks 
1) Gerhard Heinrich Bernhard Wilhelm Selkmann, geboren zu Kloppenburg, katholisch. 
Besuch des Gymnasiums zu Osnabrück, der Akademie zu Münster und der Universitäten 
zu Heidelberg und Göttingen. Vortragender Rat beim Staatsministerium in den Depar- 
tements der Justiz und des Innern. Mitglied der Gesetzkommission, der Ablösungs- 
revisionsbehörde und der Kommission zur Wahrnehmung der staatlichen Rechte hinsichtlich 
der katholischen Kirche. 1848 Mitglied des die Verfassung vereinbarenden Landtags, und 
später wiederholt Mitglied des Landtags. 1850 Mitglied des Abgeordnetenhauses des 
Erfurter Landtags. 1874 Geheimer Ober-Regierungsrat, 1877 Staatsrat, später Geheimer 
Staatsrat und Wirklicher Geheimer Rat. 
2) 1880 waren Mitglieder desselben: Preußen, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, 
Lübeck und Hamburg.
	        
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