Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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der Verwendung desselben zu gemeinnützigen Arbeiten folgende Grundsätze an— 
nehmen und zur Ausführung bringen: 1. Bezüglich solcher Personen, gegen 
welche in einem Bundesstaate auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden 
ist, kann, falls sie sich in einen andern Bundesstaat begeben, die Stellung unter 
Polizei-Aufsicht auch von derjenigen Landespolizeibehörde ausgesprochen werden, 
in deren Bezirk sie Aufenthalt nehmen. Jede Landespolizeibehörde, von welcher 
die Stellung eines Verurteilten unter Polizeiaufsicht angeordnet wird, hat 
hiervon, sofern derselbe in einem andern Bundesstaat verurteilt worden, oder 
heimatsangehörig ist, oder seinen Aufenthalt hat, jeder der hierbei beteiligten 
Landespolizeibehörden des andern Staates Mitteilung zu machen. 2. Die im 
§ 362 Absatz 2 und 3 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich erwähnten 
Befugnisse werden in allen Fällen durch die Landespolizeibehörde desjenigen 
Bundesstaates ausgeübt, in welchem die Verurteilung erfolgt ist. 
Seitens des Bundesrats wurde diesem Antrage in der Sitzung vom 16. Mai 
1872 zugestimmt. 
Seemannsordnung. Das Elaborat der infolge Bundesratsbeschlusses 
vom 29. Dezember 1871 (cf. oben S. 222) gebildeten Kommission zur Beratung 
einer deutschen Seemannsordnung übergab der Bundesrat zunächst den Re- 
gierungen der Seeuferstaaten zur gutachtlichen Aeußerung, !) da besonders aus 
den Seestädten die auf Ablehnung dringenden Stimmen immer lauter wurden.2) 
In der Sitzung vom 27. November 1872 vertagte der Bundesrat die 
Entscheidung der Frage, ob die Seemannsordnung in der vom Reichstag über- 
wiesenen Form anzunehmen, oder ob die Vorlage in anderer Fassung nochmals 
an den Reichstag gehen solle. Die Regierungen hatten ihre Beanstandung 
einzelner Bestimmungen des Gesetzes in Form umfassender Denkschriften ein- 
gereicht. Preußen stimmte für die Annahme des Entwurfs. Bezüglich des 
Seefahrtsbuchs und der Musterrollen waren die Ausschüsse für Seewesen, Handel 
und Justizwesen mit der Prüfung der Frage betraut worden, ob und in welchen 
Punkten die bisherigen Bestimmungen infolge der vom Reichstage der Seemanns- 
ordnung gegebenen Fassung einer Aenderung bedürften. 
Bei der Abstimmung erklärten Lübeck und Hamburg, ihre Senate hätten 
ihre Bedenken gegen den § 47 der Seemannsordnung (Entscheidung der Konsuln 
über die Seeuntüchtigkeit der Schiffe) schon früher dargelegt und begründet, die 
1) Beschäftigung des Bundesrats mit der Materie in der Sitzung vom 12. April 1872, 
„National--Zeitung“ Nr. 172 vom 13. April 1872; über die Vorarbeiten der Kommission 
Nr. 102 vom 1. März 1872, Nr. 116 vom 9. März 1872, Nr. 170 vom 12. April 1872, 
Nr. 201 vom 1. Mai 1872, und „Norddeutsche Allgemeine Zeitung Nr. 59 vom 10. März 
1872, Nr. 66 vom 19. März 1872, Nr. 86 vom 13. April 1872, Nr. 87 vom 14. April 1872. 
2) „National-Zeitung“ Nr. 304 vom 3. Juli 1872, Nr. 310 vom 6. Juli 1872, 
Nr. 320 vom 12. Juli 1872, und „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 181 vom 
6. August 1872. 
  
 
	        
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