Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Senate erachteten eine Abänderung dieses Paragraphen für unerläßlich und 
sähen sich daher außer stande, der Seemannsordnung zuzustimmen. Eine ähn- 
liche Erklärung ließ Oldenburg abgeben. 
Schließlich erfolgte doch die Annahme gegen die Stimmen der Seeufer- 
staaten nach dem Votum des preußischen Bevollmächtigten. Derselbe führte 
folgendes aus: „Die dem angefochtenen § 47 des Gesetzentwurfs zu Grunde 
liegende Absicht, nämlich der Schutz der Schiffsmannschaft gegen die Fahrt auf 
einem seeuntüchtigen oder mit verdorbenem Proviant versehenen Schiffe, sei un- 
bestreitbar berechtigt, und wenn die zur Ausführung dieser Absicht getroffenen 
Bestimmungen zwar keineswegs durchaus zweckmäßig seien, so seien sie doch auch 
nicht in dem Maße bedenklich, um ihretwegen dem Gesetze die Zustimmung zu 
versagen. Bei richtiger Auffassung dieser Bestimmung ergibt sich, daß es nicht 
so gar leicht sein werde, durch frivole Behauptungen eine Untersuchung des 
Schiffs oder der Vorräte und die mit derselben verknüpften Nachteile herbei- 
zuführen. Zum Begriff einer Beschwerde, welche die Amtshandlung einer Be- 
hörde veranlassen soll, gehöre deren vollständige Substantiirung, also die spezielle 
Angabe der der Beschwerde zu Grunde liegenden Thatsachen und der Beweis- 
mittel zur Feststellung der letzteren. Es entspreche ferner dem Verfahren bei 
der Instruktion von Beschwerden vor den Behörden, daß die Beschwerdeführer 
einzeln vernommen werden. Es verstehe sich endlich von selbst, daß die Behörde, 
bevor sie etwas Weiteres veranlaßt, die Frage prüfe, ob die der Beschwerde zu 
Grunde liegenden Thatsachen, wenn sie erwiesen werden, die Seeuntüchtigkeit 
des Schiffes oder die vorschriftsmäßige Beschaffenheit des Proviants darthun 
würden, und, wenn es sich um die Beschwerde dreier Seeleute handelt, ob die 
angeführten Thatsachen identisch seien, also in der That eine Beschwerde dreier 
Seeleute vorliege. Der Begriff Schiffsoffizier sei allerdings unbestimmt, eben 
deshalb aber werde jeder Seemann, welcher nicht Steuermann ist, wenn er 
behauptet, Schiffsoffizier zu sein, diese Eigenschaft besonders nachzuweisen haben. 
Würden in diesem Sinne die Seemannsämter instruirt, so würden die besorgten 
Uebelstände jedenfalls auf ein geringes Maß zu beschränken, schlimmsten Falls 
würde aber, wenn solche ernstlich hervortreten sollten, eine Abhilfe auf legislativem 
Wege unschwer zu erreichen sein. Endlich habe Preußen auf den Umstand 
Gewicht zu legen, daß das Bedürfnis des Gesetzes von allen Bundesregierungen 
einstimmig anerkannt sei, daß der Entwurf seine gegenwärtige Gestalt dem ein- 
mütigen Zusammenwirken aller Parteien des Reichstags verdanke und daß es 
unter solchen Umständen nicht zu empfehlen sei, das Werk an einer einzigen 
Bestimmung scheitern zu lassen, welche kein politisches Prinzip in sich schließe, 
deren Zweck nicht zu verwerfen sei und welche nur wegen der Unzweckmäßigkeit 
ihres Inhalts im einzelnen anzufechten sei."“ 
Diesen Gründen stimmte die Mehrheit des Bundesrats um so mehr zu, 
als die Reichsregierung, der eigentlich die Feststellung der Ausführungsanord-
	        
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