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5. Die hohen Landesregierungen sind zu ersuchen:
a) von der vollzogenen Auflösung von Niederlassungen des Ordens der
Gesellschaft Jesu dem Reichskanzler-Amt in jedem Falle Nachricht zu geben;
b) baldthunlichst dem Reichskanzler-Amt Mitteilung darüber zu machen, ob
ausländische Angehörige des Ordens der Gesellschaft Jesu ausgewiesen
worden, ob deutschen Angehörigen des Ordens der Aufenthalt in bestimmten
Bezirken oder Orten versagt oder in solchen angewiesen worden ist, und endlich
die Namen und die persönlichen Verhältnisse der von solchen Maßregeln be—
troffenen Personen anzugeben;
c) Erhebungen darüber zu veranstalten, ob in ihrem Gebiete Orden oder
ordensähnliche Kongregationen bestehen, welche mit dem Orden der Gesellschaft
Jesu verwandt sind, und das Ergebnis dieser Erhebungen dem Reichskanzler-
Amt binnen drei Monaten mitzuteilen. i)
Bei Genehmigung vorstehender, ihm von dem Justizausschusse vorgelegten
Ausführungsbestimmungen sprach der Bundesrat den Vorbehalt aus, daß er-
gänzende und abändernde Anordnungen zu treffen seien, wenn im Laufe der
Zeit auf Grund der bei Ausführung des Gesetzes gemachten Erfahrungen sich
die Notwendigkeit des Erlasses weiterer Bestimmungen ergeben sollte.
2. Der Bundesrat.
Die Veröffentlichung der Bundesratsverhandlungen. Das
Verdienst, eine intensivere Publizität der Bundesratsverhandlungen angeregt zu
haben, ) darf Württemberg beanspruchen, welches in dieser Session folgenden
Antrag einbrachte: „Die Verhandlungen des Bundesrats werden durch das
Reichskanzler-Amt regelmäßig zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Die nähere
Feststellung hierüber ist besonderer Beschlußnahme des Bundesrats vorbehalten."
Bei der Begründung des Antrags wies der württembergische Bevollmächtigte
unter anderem darauf hin, daß durch eine angemessene offizielle Veröffentlichung
auch Interpellationen über die Verhandlungen des Bundesrats im Reichstag
sowohl als in den Einzellandtagen, in welchen letzteren sie namentlich häufig
1) Beschlüsse des Bundesrats auf die Reichstagsresolutionen über Einführung der
obligatorischen Zivilehe und über Ordnung der Zivilstandsregister und das Vereins= und
Versammlungsrecht vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 280 vom 19. Juni 1872, Nr. 296
vom 28. Juni 1872.
2) Der betreffende Wunsch wollte im Reich ebensowenig verstummen als seiner-
zeit im seligen Bundestag. Vom Jahre 1852 bis zum Jahre 1858 war Bismarck für
die Veröffentlichung der Vorgänge im Bundestag thätig. Im Sommer 1858 ergriff
er namentlich für seinen 1852 gestellten Antrag das Wort und hob hervor, nur auf dem
Weg der Veröffentlichung der Thätigkeit des Bundes könne die rege Teilnahme im ge-
samten öffentlichen Leben Deutschlands gesichert werden. Baden betonte, die Veröffent-
lichung sei nötig, um dem allgemeinen Mißtrauen, was die ganze Zeit charakterisire, ent-
gegenzutreten; Resumss sollten nach den Sitzungen in den Tagesblättern veröffentlicht werden.