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beidemal sollte versucht werden, ob nicht eine größere handelspolitische Einigung
mit Oesterreich herzustellen wäre. Kalchberg wurde kurz darauf provisorischer
Handelsminister, war aber schon ein etwas älterer Herr, freundlich, gemütlich,
freilich ohne große Kenntnisse und energielos. Zu seiner Unterstützung hatte er
einen Sektionsrat Maier bei sich, einen Zollmenschen, der „schon auf seiner
22. Station“ angestellt war. „Wo Sie den Mann angreifen, springt gleich
eine Zahl heraus. Der sollte uns nun den neuen österreichischen Zolltarif-
entwurf erklären. Er sagte: „Der österreichische Tarif, meine Herren, ist gerad
eingericht'", wie der Mensch lebt. Zuerst fragt der Mensch, was ißt er, was
trinkt er, womit er sich kleidet, und zuletzt kommen immer die Abfälle. Bei
Ihnen (im deutschen Zolltarif) ist's gerade verkehrt, da fängt's mit den Abfällen
an." Wie Kalchberg selbst über die Zölle dachte, dafür ist mir nur die eine
Aeußerung noch gegenwärtig über die ersten Bogen des bekannten Mohlschen
Berichts wegen des französischen Handelsvertrages: „Der Mohlsche Bericht macht
auf mich den Eindruck, als wäre das der Grabgesang auf das Schutzzollsystem.
Mit solchen Dingen kommt man jetzt nicht mehr aus.“ So wenig als mit
Kalchberg war drei Vierteljahr später mit Peter und Günther etwas zu erzielen.
Man hatte diesen vor ihrer Abreise von Wien kaum Zeit gelassen, sich mit dem
Inhalte ihres Auftrags bekannt zu machen, und so lange sie in München weilten,
schlug die Stimmung an maßgebender Stelle zu Wien mehrmals um.“
Von Karlsruhe, wohin Riecke durch amtliche Aufträge von 1862 bis
1870 gleichfalls siebenmal geführt wurde, weiß derselbe weniger zu erzählen.
„Ich verkehrte im Finanzministerium zuerst mit Vogelmann, später mit Mathy,
zuletzt mit Ellstätter, — außerdem mit den Ministerialräten Schmidt, Regen-
auer, Eisenlohr, Kilian, einmal auch mit dem alten Kühlenthal. Auch bei
Baron Edelsheim, der im Jahr 1866 das auswärtige Ministerium übernommen
hatte, mußte ich wegen Erlassung eines Pferdeausfuhrverbots einmal vorsprechen,
wogegen ich mit Roggenbach erst in Berlin bekannt wurde.
„Mit Berlin, München und Karlsruhe sind die Hauptzielpunkte meiner zoll-
diplomatischen Missionen kurz bezeichnet. Die beiden erstgenannten Städte,
zuletzt Berlin allein, waren vorzugsweise der Boden, auf welchem meine Wander-
jahre sich bewegt, wohin hauptsächlich meine geschäftlichen Gedanken und berufs-
mäßigen Sorgen gravitirt haben. Es knüpft sich aber daran zugleich auch die
Erinnerung an gar viele dort gewonnene werte Bekannte und liebe Freunde:
außer den schon genannten an die württembergischen Gesandten in Berlin und
München, vor allem an den Freiherrn von Spitzemberg und dessen Familie,
an die Grafen v. Linden und v. Degenfeld, an Baron Soden und Herrn
v. Baur, ferner an den Staatsminister Freiherrn v. Linden, sowie die Herren
Bätzner, Bitzer und Gleich, mit denen zu verschiedenen Zeiten ich im Bundes-
rat zusammengesessen; — und nun von den auswärtigen Kollegen: die Sachsen
Thümmel, Weinlig, Schmalz, Wahl; die Hannoveraner: der zähe Herr v. Bar,