Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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waltendes Reichsorgan für den genannten Zweck geschaffen und den einzelnen Bundes- 
staaten die betreffenden Kompetenzen entzogen wissen wollten, während die anderen 
die eigentliche Sorge für die Gesundheitspflege den Einzelstaaten belassen und 
von Reichs wegen nur eine gewisse Oberaufsicht geübt und eine statistische Samm- 
lung der auf den Gesundheitszustand innerhalb des Reichs bezüglichen That- 
sachen vorgenommen wissen wollten. Die daran angeschlossene Darstellung der 
Bewegung, welche sich in den letzten Jahren zu dem Zwecke, die öffentliche 
Gesundheitspflege besser zu organisiren, in Deutschland geltend gemacht hatte, 
teilte auch ein Gutachten der preußischen wissenschaftlichen Deputation für das 
Medizinalwesen mit, welches jede Thätigkeit des Reichs in dieser Beziehung bei 
der Verschiedenheit der Verwaltungseinrichtungen innerhalb der einzelnen Bundes- 
staaten für unthunlich und bedenklich erklärte. 
Bismarck hatte sich dieser letzteren Auffassung aber nicht angeschlossen. 
Indem bereits der Artikel 4 Nr. 15 der Reichsverfassung der Beaufsichtigung 
und der Gesetzgebung des Reichs die „Maßregeln der Medizinal= und Veterinär- 
polizei“ übertragen hatte, wies derselbe nach Ansicht des Reichskanzlers viel- 
mehr schon auf die Schaffung auch eines Zentralorgans hin, welches vermöge 
seiner Sachkenntnis das Reich in den Stand setzen sollte, die Angemessenheit 
der zutreffenden Maßregeln vom technischen Standpunkte aus zu beurteilen. 
Zur Organisation dieser Zentralbehörde wurde also von Bismarck der Vorschlag 
gemacht, dieselbe in solcher Weise zu ordnen, daß dadurch sowohl eine Zentrali- 
sirung als eine weitere Ausdehnung ihrer Thätigkeit ermöglicht werde. Zu 
diesem Behufe sollte dieselbe aus ordentlichen und aus außerordentlichen Mit- 
gliedern gebildet werden. Die ersteren müßten in Berlin ihren Wohnsitz haben 
und könnten vorerst aus einem Verwaltungsbeamten und zwei Aerzten (oder 
— statt der beiden Aerzte — aus einem Arzt und einem Statistiker) bestehen. 
Ihre Aufgabe würde sein, das Reich in der Ausübung der ihm zugewiesenen 
Aufsicht über die medizinal= und veterinärpolizeilichen Angelegenheiten zu unter- 
stützen, von den hierfür in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Einrichtungen 
Kenntnis zu nehmen, die vom Reiche ausgehende Gesetzgebung vorzubereiten, 
die im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege ergriffenen Maßnahmen zu 
beobachten und in geeigneten Fällen den Staats= und Gemeindebehörden Aus- 
kunft zu erteilen, die Entwicklung der Medizinalgesetzgebung in außerdeutschen 
Ländern zu verfolgen und die Herstellung einer genügenden medizinischen Statistik 
für Deutschland zu organisiren. Die außerordentlichen Mitglieder würden 
aus Persönlichkeiten zu wählen sein, welche außerhalb Berlins ihren Wohnsitz 
haben und aus Gemeindebeamten größerer deutscher Städte, aus Professoren 
der Medizin, Staats-Medizinalbeamten und Technikern aus dem Bereiche der 
Chemie und des Bauwesens bestehen könnten. Ihre Aufgabe würde sein, auf 
Erfordern des Vorsitzenden sich gutachtlich über einzelne Fragen zu äußern, die 
Vorgänge auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege in ihrer näheren
	        
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