Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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welcher Gelegenheit letzterer die Frage stellte, wie viel Offiziere in Württemberg 
so dächten wie Suckow; es werde aber wohl der Generalstab das entscheidende 
Wort haben. 
„Ich sagte“ — so schreibt Suckow in seinen Aufzeichnungen — „daß ich 
jetzt habe, was ich brauche: Klarheit; er sagte, wo ich ein Anliegen habe, solle 
ich ihm immer persönlich schreiben. Dann fand am 14. Mai noch eine dritte 
Besprechung unter uns statt, welche der Möglichkeit eines plötzlichen Einbruchs 
der Franzosen nach Süddeutschland herein galt, mit der Festsetzung, daß in 
diesem Falle wir uns auf Heilbronn und nötigenfalls Würzburg konzentriren 
sollen. Zuletzt sagte Moltke mit Betonung: „Es war gut, daß Sie gekommen 
sind. Ich schied von ihm mit der Beruhigung, daß er auf meine Bürgschaft 
jetzt anders über das strategische Verhältnis Preußens zu uns denkt.“ 
* 
Eine Besprechung mit Bismarck hatte Suckow am 11. Mai 1868 im Park 
des Bundeskanzlerpalais. Bismarck sagte folgendes: 
„Die Wahlen zum Zollparlament, wie sie nun einmal ausgefallen sind, 
haben gezeigt, daß der Süden vorerst keine weitere Verbindung mit dem Norden 
haben will als Zollvertrag und Allianzvertrag. Der Norden hat keinen Grund, 
mehr zu verlangen, denn militärisch ist die Verbindung mit dem Süden keine 
Verstärkung für uns, strategisch genommen, und politisch haben wir kein Be- 
dürfnis, uns mit den heterogenen Elementen im Süden zu verschmelzen, wo 
man nicht weiß, ob die Partikularisten oder die Demokraten die ärgeren Feinde 
Preußens sind. Wir tragen alle die nationale Einigung im Herzen, aber für 
den rechnenden Politiker kommt zuerst das Notwendige und dann das Wünschens- 
werte, also zuerst der Ausbau des Hauses und dann dessen Erweiterung. Er- 
reicht Deutschland sein nationales Ziel noch im neunzehnten Jahrhundert, so 
erscheint mir das als etwas Großes, und wäre das in zehn oder gar fünf 
Jahren, so wäre das etwas Außerordentliches, ein unerhofftes Gnadengeschenk 
von Gott. 
Zuerst sollen also einmal die Vertreter im Zollparlament ein paar Jahre 
bei einander gesessen haben; dann wird Versöhnlichkeit eingetreten sein und werden 
die Süddeutschen sehen, daß es sich nicht um Vergewaltigung handeln kann. 
Zumal von diesem Zollparlament ist nichts Weiteres zu erwarten, und es könnte 
sich höchstens fragen, ob nicht dasselbe aufgelöst werden soll, wozu aber jetzt 
nicht die Zeit ist. 
Unsere ganze Sympathie gehört dem süddeutschen Bruder, dem wir jeder- 
zeit die Hand reichen wollen, aber zwingen wollen und dürfen wir ihn nicht, 
dieselbe zu ergreifen, vielmehr bauen wir dreißig Millionen Deutsche unser Haus 
erst aus, dann werden die anderen acht Millionen mit der Zeit versöhnlich werden, 
zumal wenn wir ihnen keinen Zwang anthun und so ihre Vorurteile Lügen
	        
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