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Teilnahme an den Friedensverhandlungen mit Frankreich. Zu den Friedens-
verhandlungen in Brüssel (März bis Mai 1871) waren neben den zwei Kaiser-
lichen Bevollmächtigten auch Bevollmächtigte von den süddeutschen Staaten und
Graf Uxkull für Württemberg entsandt worden. Im Laufe der resultatlos
gebliebenen Verhandlungen hatte derselbe Gelegenheit, einige der streitigen Punkte
mit dem französischen Bevollmächtigten Dr. Clercq, dem eigentlichen Geschäfts-
mann der andern Seite, eingehend zu erörtern. Die Aufzeichnung darüber
wurde dem Auswärtigen Amte vorgelegt und mehrfach benutzt.
Als im Mai 1871 die süddeutschen Bevollmächtigten von Brüssel nach
Berlin kamen, um namens ihrer Regierungen dem inzwischen in Frankfurt a. M.
abgeschlossenen Friedensvertrage beizutreten, war Graf Uxkull am 16. Mai 18711)
zu einem Familienabend des Kanzlers und am folgenden Tage 2) mit den
süddeutschen Kollegen zum Diner bei Bismarck eingeladen, dem ein Spaziergang
im Garten des Kanzlerpalais folgte.
Anfangs Juni 1871 erhielt Graf Uxkull dann von Biesmarck die Auf-
forderung, mit dem Grafen Harry Arnim als Kaiserliche Bevollmächtigte die
bereits im Friedensvertrage vorgesehenen Verhandlungen über eine Zusatz-
konvention in Frankfurt a. M. zu führen. Als dritter Bevollmächtigter wurde
nach einiger Zeit auf Wunsch der bayerischen Regierung der Staatsrat Weber
zugezogen, mit dem Uxkull, nachdem Graf Arnim infolge seiner Ernennung
zum Botschafter in Paris ausgeschieden war, allein blieb. Die Geschäftsleitung
war dem Grafen Uxkull übertragen. Nach Abschluß der Konvention vom
11. Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. 1872 S. 7) wurde Graf Uxkull Anfangs
Januar 1872 nach Berlin berufen, um dieselbe im Ausschuß des Bundesrats
zu vertreten. Am Abend des 8. Januar 1872 3) wurde derselbe in das
Arbeitskabinet Bismarcks berufen, zu einer geschäftlichen Konferenz mit ihm
allein. Der Eintritt in den diplomatischen Dienst des Reichs hätte ihm damals
offen gestanden; persönliche Gründe hielten jedoch den Grafen ab, den Landes-
dienst mit dem Reichsdienst zu vertauschen. Später begegnete Graf Uxkull dem
Kanzler nur mehr im Bundesrat und auf parlamentarischen Soiréen.
4. Sachsen-Meiningen.
Staatsminister Giseke.“)
(geboren 17. März 1822, gestorben 28. August 1890).
Die Wirksamkeit Gisekes im Bundesrat — dem er von der Ernennung
zum Staatsminister an bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand angehörte —
1) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
2) Vgl. mein Werk: „Fürst Bismarck, Neue Tischgespräche und Interviews“ S. 72.
3) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
4) Albrecht Otto Frhr. v. Giseke besuchte die Klosterschule zu Roßleben und bezog nach
Ablegung der Abiturientenprüfung die Universitäten Jena und Leipzig, um die Rechte zu