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den Petenten ablehnend zu bescheiden, weil von demselben kein Grund
vorgebracht worden, welcher die in Gemäßheit des Reichsgesetzes vom 4. Juli
und der Bekanntmachung vom 5. Juli 1872 von der Landesbehörde verfügte
Ausweisung als ungerechtfertigt erscheinen ließ. Dieser Ausschußantrag wurde
in der Bundesratssitzung vom 7. März 1873 angenommen.)
2. Bundesrat.
Teilnahme der Bundesregierungen bei Ausarbeitung von
Gesetzentwürfen. Das Reichs-Militärgesetz, das im Reichstag so wenig
erfreuliche Empfindungen erregte, schien auch im Bundesrat nicht durchaus zu
gefallen. Wenigstens war es der Anlaß geworden, daß wieder einmal von
seiten der Bundesregierungen über die Vorbereitung der legislatorischen Arbeiten
für das Reich geklagt wurde. Diesmal war es der bayerische Justizminister
Dr. Fäustle, welcher in letzter Zeit mehrfach als Organ der frondirenden Ge-
lüste in den Kreisen der Bundesregierungen sich geltend gemacht hatte, der in
der Bundesratssitzung vom 11. Mai 1873 folgenden Antrag stellte:
„Die Abfassung vieler Entwürfe zu Reichsgesetzen wurde bisher nur durch
einen der Bundesstaaten vermittelt, und die Einbringung der Vorlage bei dem
Bundesrat erfolgte in der Regel dann, wenn das Gesamtministerium des be-
treffenden Staates die Vorlage seiner Beratung und Beschlußfassung unter-
zogen hatte.
Welche Stellung die übrigen verbündeten Regierungen einnehmen würden,
war hierbei meistens unbekannt; denn dieselben hatten in vielen Fällen entweder
keine Kenntnis von der beabsichtigten Vorlage, oder es war ihnen keine Ge-
legenheit geboten, ihre Anschauungen und Münsche rechtzeitig und vollständig.
zur Geltung zu bringen.
Schon bei mehrfachen Anlässen, namentlich aber bei der Vorlage, betreffend.
das Reichs-Militärgesetz, hat sich eine Aenderung dieser Geschäftsbehandlung,
wobei die Entwürfe nach der Natur der Dinge zunächst hauptsächlich für das
Bedürfnis des Staates bemessen sein konnten, welcher den ersten Aufbau der
Gesetze unternahm, als dringend wünschenswert herausgestellt.
Es möchte sich daher zur Erwägung empfehlen, ob nicht künftig die Ent-
würfe zu Reichsgesetzen, insbesondere zu solchen, welche auf Grund der Reichs-
1) Der Umstand, daß in letzter Zeit bei dem Reichstage eine größere Anzahl von
Petitionen bayerischer Genossenschaften, welche die Einführung des norddeutschen
Gesetzes vom 4. Juli 1868, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse-
der Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften, an Stelle des bisherigen
bayerischen Gesetzes vom 29. April 1869 anstrebten, eingegangen waren, gab der Königlich
bayerischen Staatsregierung Veranlassung, die Frage der Einführung des erwähnten nord-
deutschen Gesetzes in Bayern neuerdings in Erwägung zu ziehen. Dieselbe legte auf
Grund dieser Erwägungen nunmehr dem Bundesrat einen die Materie behandelnden Gesetz-
entwurf zur Beschlußnahme vor.