Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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wendige Konsequenz des durch den Artikel 3 der Reichsverfassung begründeten 
gemeinsamen Indigenats, daß, sowie überhaupt jeder Angehörige eines Bundes- 
staats in jedem andern Bundesstaate als Inländer zu behandeln ist, so auch 
jeder Reichsbeamte in jedem Bundesstaate den eigenen Beamten desselben gleich- 
zustellen ist. Wird dieser Grundsatz nicht festgehalten, werden die Reichsbeamten 
den Landesbeamten gegenüber wie Ausländer in eine gleichsam exterritoriale 
Stellung versetzt, so entsteht auf einem der wichtigsten Gebiete des öffentlichen 
Lebens eine Scheidung zwischen Reich und Staat, welche an sich und in ihren 
Eindrücken auf das Volksbewußtsein die gemeinsamen Interessen und die An- 
forderungen der nationalen Gesamtentwicklung nur schädigen kann. 
Diese Erwägungen sind für alle diejenigen Verhältnisse der Reichsbeamten 
maßgebend, für welche der Gesetzentwurf in seiner gegenwärtigen Fassung nicht 
ausdrückliche Bestimmungen getroffen hat. Sie erstrecken sich deshalb keineswegs 
nur auf die Frage der Steuerprivilegien, sondern beispielsweise auch auf das 
gegenseitige Rangverhältnis der Reichs= und der Landesbeamten und anderes mehr. 
Um das erwähnte Prinzip, nachdem es durch die gegenwärtige Fassung des 
§ 19 in einem wichtigen Spezialpunkte alterirt worden ist, außer Zweifel zu 
stellen, würde es nach der Auffassung der verbündeten Regierungen erforderlich 
sein, demselben in allgemeiner Weise in dem Gesetzentwurf Ausdruck, und zu 
diesem Zwecke dem § 19 eine entsprechende allgemeine Fassung zu geben. 
II. Im § 25 der dem Reichstag gemachten Vorlage war Sr. Mgcjestät 
dem Kaiser das Recht beigelegt, außer anderen Beamten auch die vortragenden 
Räte und etatsmäßigen Hülfsarbeiter im Reichskanzler-Amt und in den einzelnen 
Abteilungen desselben, sowie im Auswärtigen Amt und in den Ministerien 
ohne Ausnahme jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einst- 
weilig in den Ruhestand zu versetzen. Der Reichstag hat diese Befugnis auf 
diejenigen vortragenden Räte und etatsmäßigen Hülfsarbeiter beschränkt, welche 
unter dem Vorbehalt der einstweiligen Versetzung in den Ruhestand angestellt 
sind, zugleich aber eine Bestimmung angenommen, nach welcher die im Dienste 
befindliche Zahl der vortragenden Räte sowie die Zahl der etatsmäßigen Hülfs- 
arbeiter, welche mit diesem Vorbehalt angestellt werden, nicht die Hälfte der etats- 
mäßigen Stellen der entsprechenden Kategorie übersteigen soll. Diese Aenderung 
beruht auf der Annahme, daß kein Grund vorliege, die bezeichnete Maßregel 
auf Beamte auszudehnen, deren Funktionen vorwiegend technischer Natur seien, 
daß vielmehr der Reichsregierung die Freiheit in der Auswahl ihrer oberen Be- 
amten in hinreichendem Maße gewahrt werde, wenn die Amovibilität derjenigen 
vortragenden Räte und Hülfsarbeiter festgestellt sei, welche vorzugsweise mit der 
Bearbeitung politischer Angelegenheiten betraut werden. Diese Scheidung der 
Funktionen läßt sich indessen praktisch vielfach nicht durchführen; auch rechtfertigt 
jener Gesichtspunkt nicht eine gewissermaßen mechanische Teilung der bezeichneten 
Beamten in zwei numerisch gleiche Klassen und die Aufstellung wesentlich ver-
	        
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