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wendige Konsequenz des durch den Artikel 3 der Reichsverfassung begründeten
gemeinsamen Indigenats, daß, sowie überhaupt jeder Angehörige eines Bundes-
staats in jedem andern Bundesstaate als Inländer zu behandeln ist, so auch
jeder Reichsbeamte in jedem Bundesstaate den eigenen Beamten desselben gleich-
zustellen ist. Wird dieser Grundsatz nicht festgehalten, werden die Reichsbeamten
den Landesbeamten gegenüber wie Ausländer in eine gleichsam exterritoriale
Stellung versetzt, so entsteht auf einem der wichtigsten Gebiete des öffentlichen
Lebens eine Scheidung zwischen Reich und Staat, welche an sich und in ihren
Eindrücken auf das Volksbewußtsein die gemeinsamen Interessen und die An-
forderungen der nationalen Gesamtentwicklung nur schädigen kann.
Diese Erwägungen sind für alle diejenigen Verhältnisse der Reichsbeamten
maßgebend, für welche der Gesetzentwurf in seiner gegenwärtigen Fassung nicht
ausdrückliche Bestimmungen getroffen hat. Sie erstrecken sich deshalb keineswegs
nur auf die Frage der Steuerprivilegien, sondern beispielsweise auch auf das
gegenseitige Rangverhältnis der Reichs= und der Landesbeamten und anderes mehr.
Um das erwähnte Prinzip, nachdem es durch die gegenwärtige Fassung des
§ 19 in einem wichtigen Spezialpunkte alterirt worden ist, außer Zweifel zu
stellen, würde es nach der Auffassung der verbündeten Regierungen erforderlich
sein, demselben in allgemeiner Weise in dem Gesetzentwurf Ausdruck, und zu
diesem Zwecke dem § 19 eine entsprechende allgemeine Fassung zu geben.
II. Im § 25 der dem Reichstag gemachten Vorlage war Sr. Mgcjestät
dem Kaiser das Recht beigelegt, außer anderen Beamten auch die vortragenden
Räte und etatsmäßigen Hülfsarbeiter im Reichskanzler-Amt und in den einzelnen
Abteilungen desselben, sowie im Auswärtigen Amt und in den Ministerien
ohne Ausnahme jederzeit mit Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einst-
weilig in den Ruhestand zu versetzen. Der Reichstag hat diese Befugnis auf
diejenigen vortragenden Räte und etatsmäßigen Hülfsarbeiter beschränkt, welche
unter dem Vorbehalt der einstweiligen Versetzung in den Ruhestand angestellt
sind, zugleich aber eine Bestimmung angenommen, nach welcher die im Dienste
befindliche Zahl der vortragenden Räte sowie die Zahl der etatsmäßigen Hülfs-
arbeiter, welche mit diesem Vorbehalt angestellt werden, nicht die Hälfte der etats-
mäßigen Stellen der entsprechenden Kategorie übersteigen soll. Diese Aenderung
beruht auf der Annahme, daß kein Grund vorliege, die bezeichnete Maßregel
auf Beamte auszudehnen, deren Funktionen vorwiegend technischer Natur seien,
daß vielmehr der Reichsregierung die Freiheit in der Auswahl ihrer oberen Be-
amten in hinreichendem Maße gewahrt werde, wenn die Amovibilität derjenigen
vortragenden Räte und Hülfsarbeiter festgestellt sei, welche vorzugsweise mit der
Bearbeitung politischer Angelegenheiten betraut werden. Diese Scheidung der
Funktionen läßt sich indessen praktisch vielfach nicht durchführen; auch rechtfertigt
jener Gesichtspunkt nicht eine gewissermaßen mechanische Teilung der bezeichneten
Beamten in zwei numerisch gleiche Klassen und die Aufstellung wesentlich ver-