Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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» Gesetz über das Reichseigentum an den von den Verwal— 
tungen des Reichs besessenen Grundstücken. Ueber die Grundlagen 
dieses aus der vorigen Session des Bundesrats (vgl. oben S. 316) herüber 
genommenen Entwurfs wurde zwischen dem Bundesrat und dem Reichstag 
nur mit Mühe ein Einverständnis herbeigeführt. 
Im Bundesrat stimmte Württemberg (mit Sachsen) gegen den Gesetzentwurf. 
In der Kommission des Reichstags bekämpfte Minister v. Mittnacht die 
Annahme, daß schon zufolge der Reichsverfassung das betreffende Eigentum 
ipso jure an das Reich übergegangen sei, er sprach sich sodann aber aus 
Gründen der Zweckmäßigkeit und Rechtsklarheit dafür aus, daß die Frage des 
Eigentums für die Zukunft wie für die Vergangenheit gleichmäßig geregelt werde. 
Die Kommission war nach S. 314 ihres Berichts einstimmig der Meinung, 
daß dieser Verschiedenheit der Auffassung eine praktische Bedeutung nicht bei- 
gelegt werden dürfe. 
Den Beschlüssen des Reichstags zu dem Gesetzentwurf stimmte der würt- 
tembergische Minister im Bundesrat mit der Erklärung zu, daß die württem- 
bergische Regierung, indem sie das Eigentum des Reichs an den zum dienstlichen 
Gebrauch der Militärverwaltung bestimmten Gegenständen anerkenne, für die 
Ausführung des Gesetzes die aus der württembergischen Militärkonvention sich 
ergebenden Rechte und Zuständigkeiten wahre. Gesetz vom 25. Mai 1873 
(Reichs-Gesetzbl. S. 113). 
In der Presse waren über die Stellung Mittnachts zu diesem Gesetze ganz 
falsche Auffassungen verbreitet worden; es hieß, er habe dieselbe grundsätzlich 
bekämpft, was doch gar nicht zutraf. 1) 
Verteilung der Matrikularbeiträge auf die einzelnen Bundes- 
staaten. Die Frage, ob diese Verteilung in Zukunft lediglich nach Maßgabe 
der ortsanwesenden Bevölkerung zu bewirken sei, wie die Bundesratsausschüsse im 
Anschluß an das Ergebnis der letzten Volkszählung und zwar auf den Antrag 
der preußischen Regierung beantragt hatten, wurde vom Bundesrat vorläufig 
verneinend beantwortet. Es wurde beschlossen, für das nächste Jahr an dem 
bisherigen Maßstab der ortsanwesenden und staatsangehörigen Bevölkerung 
festzuhalten, die Frage aber in der Zwischenzeit einer näheren und eingehenden 
Erörterung zu unterziehen. Die Mehrheit des Bundesrats war zudem darüber 
einverstanden, daß die Abänderung des bisherigen Maßstabes nicht nur allein 
1) „National-Zeitung“ Nr. 140 vom 24. März 1873; die „Spenersche Zeitung“ 
verstieg sich bis zu dem Satze: „Angesichts dieser Thatsachen kann man dreist behaupten, 
daß niemals eine unmotivirtere, den eigenen Interessen des zu vertretenden Staats mehr 
ins Gesicht schlagende Opposition gegen ein Reichsgesetz dagewesen ist als die, welche Herr 
v. Mittnacht in der Kommission versuchte.“ Ueber die Stellung des Präsidenten Delbrück 
und des Bundesrats zu den Reichstagsbeschlüssen s. „National-Zeitung“ Nr. 175 vom 
16. April 1873.
	        
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