Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Der Zollbundesrat, die charakteristischste Etappe in der Geschichte der 
deutschen Einigung, stellte an seine Mitglieder, welche, abgesehen von Preußen, 
vorwiegend aus der Zahl der politischen Gesandten am Berliner Hofe hervor- 
gegangen waren, nicht geringe Anforderungen. Türckheim hat dieselben glänzend 
erfüllt. In kurzer Zeit hatte er sich mit dem Zollwesen in allen seinen tech- 
nischen Komplikationen vertraut gemacht. Seine amtlichen Berichte waren voll- 
giltige Zeugnisse gediegener Sachkenntnis; sie waren geradezu mustergiltig. 
Nach Errichtung des Deutschen Reiches hat Türckheim den wichtigsten Aus- 
schüssen angehört, im Justizausschuß vielfach als Referent fungirt und auch 
hier die Beweise hervorragenden Wissens und staatsmännischer Auffassung der 
Dinge geliefert. . 
Seine Pflichttreue, sein rastloser Fleiß, sein bescheidenes und anspruchs- 
loses Wesen sicherten ihm die Anerkennung und die freundschaftlichen Gesinnungen 
seiner Kollegen im Bundesrat. 
An den Debatten in den Ausschußsitzungen des Bundesrats beteiligte sich 
Türckheim weniger, vielleicht weil er sich stärker in der Feder wußte als im 
Worte. 
Ueber die politische Wirksamkeit des Freiherrn v. Türckheim verbreitet sich 
des näheren die auf Grund der Ministerialakten ausgearbeitete Broschüre Georg 
Meyers: „Die Reichsbegründung und das Großherzogtum Baden“, Heidelberg 
1896. Wir erfahren daraus zunächst den Auftrag v. Türckheims (15. Februar 
1867), bei Preußen anzufragen, ob nicht ein offenes Allianzverhältnis zwischen 
Preußen und Baden hergestellt werden könne (Erlaß Bismarcks an den preußischen 
Gesandten in Karlsruhe, Grafen Flemming, vom 10. März 1867).1) Im 
Winter 1866/67 hatte Türckheim über den Abschluß einer Militärkonvention 
mit Preußen, etwa nach dem Muster der mit dem Großherzogtum Hessen zu 
stande gekommenen, zu verhandeln, im Mai 1867 über einen Bund Bayerns, 
Württembergs und Badens mit dem Norddeutschen Bunde. Im November 1867 
erhielt Türckheim den Auftrag, Bismarck zu ersuchen, er möge in München und 
Stuttgart dazu beitragen, daß das oben genannte Projekt im Keime erstickt 
werde. Aus zahlreichen Aeußerungen, welche in Unterredungen Bismarcks mit 
Türckheim gefallen sind, geht deutlich hervor, daß Bismarck den alleinigen 
Eintritt Badens in den Norddeutschen Bund für inopportun erachtete und die 
Politik des Abwartens für die richtigere hielt. Solange die übrigen süd- 
deutschen Staaten demselben nicht beiträten, glaubte er, könne Baden gerade 
wegen seiner ausgesprochenen nationalen Haltung der deutschen Sache viel 
größere Dienste leisten, wenn es außerhalb des Bundes bliebe und dadurch die 
Möglichkeit einer engeren Fühlung mit den anderen süddeutschen Staaten 
behielte. 
1) In Kohls Bismarck-Regesten nachzutragen.
	        
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