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parlaments zur Kenntnis der württembergischen und bayerischen Regierung zu
bringen.) Der Bundesrat faßte in diesem Sinne Beschluß.
In der Sitzung des Zollparlaments vom 18. Mai 1868 ereignete sich
der seltene Fall, daß zwei Mitglieder des Bundesrats über eine im Parlament
verhandelte Frage verschiedene Ansichten aussprachen. Der hessische Bevoll-
mächtigte Hofmann bestritt die Kompetenz des Zollvereins in Sachen der in-
direkten Steuern eines Landes, Bismarck hielt diese Kompetenz für gegeben.
Bismarck hat aber Hofmann diese Meinungsberschiedenheit und Hofmanns
mutiges Eintreten für seine Ansicht nicht verdacht und nicht nachgetragen.
Beweis dessen Berufung auf das Präsidium des Reichskanzler-Amts nach dem
Ausscheiden Delbrücks.
Auf den Vorschlag Bismarcks wurde in den Sitzungen des Bundesrats
vom 6. Mai 1868 der Königlich preußische Geheime Ober-Finanzrat Scheele
als Kommissar des Bundesrats behufs Vertretung des Gesetzes über die Tabak-
steuer im Zollparlament ernannt. In der Sitzung vom 14. Mai wurde auf
denselben Vorschlag der Königlich preußische Regierungsrat Michaelis zum Kom-
missar für dasselbe Gesetz und dasjenige über die Abänderung des Zolltarifs
ernannt. Abgesehen von diesen beiden Persönlichkeiten wurden alle Gesetzes-
vorschläge im Zollparlament von den Bevollmächtigten zum Bundesrat ver-
treten. Bei der großen Zahl von Kapazitäten, welche damals im Bundesrat
saßen, konnte es nicht schwer halten, für jeden Gegenstand der Tagesordnung
die geeignete, parlamentarisch geschulte Kraft zu finden. Dieses Verhältnis
entsprach den Wünschen Bismarcks und der Vorstellung, die ihm bei Aus-
arbeitung der Bundesverfassung vorgeschwebt hatte. Der Bundesrat sollte sich
seiner Haut selbst wehren, er sollte seine Vorschläge selbst vertreten, und es
sollten darum hauptsächlich politische Persönlichkeiten in diese Körperschaft ge-
schict werden, welche die Fähigkeit hatten, im Parlament aufzutreten, nicht
Gesandte, wie sie für den Frankfurter Bundestag gut waren. Das allmäliche
Sichzurückziehen der Mitglieder des Bundesrats auf das Zuhören der Reichs-
tagsreden hat die Bedeutung desselben sicher nicht gefördert. Die Ernennung
von Kommissaren aus der Zahl der Koöniglich preußischen oder Kaiserlichen
Geheimräte ist in den Augen Uneingeweihter leicht ein Attest, das sich der
Bundesrat darüber ausstellt, daß in seinem Schoße kein Mitglied sich be-
findet, welches den betreffenden Gegenstand vollständig zu beherrschen vermag.
Allerdings sind mit der Zeit die Aufgaben des Bundesrats so sehr gewachsen,
1) Der Inhalt obiger Ausführungen ist in die gedruckten Verhandlungen des Bundes-
rats nicht übergegangen. Vgl. über die Stellung des Bundesrats zur Frage die „National-
Zeitung“ Nr. 297 vom 28. Juni 1868, Nr. 308 vom 4. Juli 1868 und Nr. 311 vom
7. Juli 1868.