84 Viertes Kapitel: Diplomat.
„Eure Kaiserliche Majestät wollen es mir gütig gestatten,
daß ich den Ueberbringer dieses Blattes mit einigen eigenhändigen
Schriftzügen an Ihrem Hoflager introduzire. Es ist der Herr von
Bismarck-Schönhausen. Er gehört einem Rittergeschlecht an, welches
länger als mein Haus in unsern Marken seßhaft, von jeher und
besonders in ihm seine alten Tugenden bewährt hat. Die Erhal-
tung und Stärkung der erfreulichen Zustände unfres platten Landes
verdanken wir mit seinem furchtlosen und energischen Mühen in
den bösen Tagen der jüngst verflossenen Jahre. Ew. Majestät wissen,
daß Herr von Bismarck die Stellung meines Bundesgesandten be-
kleidet. Da jetzt der Gesundheitszustand meines Gesandten an
Ew. Majestät kaiserlichem Hofe, des Grafen von Arnim, dessen zeit-
weilige Abwesenheit nöthig gemacht hat, das Verhältniß unfrer
Höfe aber eine subalterne Vertretung nicht zuläßt (meiner Auf-
fassung zufolge), so habe ich Herrn von Bismarck ausersehen, die
Vices für Graf Arnim während dessen Abwesenheit zu versehen. Es
ist mir ein befriedigender Gedanke, daß Ew. Majestät einen Mann
kennen lernen, der bei uns im Lande wegen seines ritterlich-freien
Gehorsams und seiner Unversöhnlichkeit gegen die Revolution bis
in ihre Wurzeln hinein von Vielen verehrt, von Manchen gehaßt
wird. Er ist mein Freund und treuer Diener und kommt mit
dem frischen lebendigen sympathischen Eindruck meiner Grundsätze,
meiner Handlungsweise, meines Willens und ich setze hinzu meiner
Liebe zu Oestreich und zu Ew. Majestät nach Wien. Er kann,
wenn es der Mühe werth gefunden wird, Ew. Majestät und Ihren
höchsten Räthen über viele Gegenstände Rede und Antwort geben,
wie es wohl Wenige im Stande sind; denn wenn nicht unerhörte,
langvorbereitete Mißverständnisse zu tief eingewurzelt sind, was
Gott in Gnaden verhüte, kann die kurze Zeit seiner Amtsführung
in Wien wahrhaft segensreich werden. Herr von Bismarck kommt
aus Frankfurt, wo das, was dierheinbundschwangeren Mittel-
staaten mit Entzücken die Differenzen Oestreichs und Preußens
nennen, jederzeit seinen stärksten Wiederhall und oft seine Quelle