86 Viertes Kapitel: Diplomat.
von Gleichartigkeit des Verbrauchs; schon die Unterschiede der
Interessen innerhalb des deutschen Zollvereins zwischen Nord und
Süd, Ost und West sind schwer und nur mit dem guten Willen
zu überwinden, der der nationalen Zusammengehörigkeit entspringt;
zwischen Ungarn und Galizien einerseits und dem Zollverein andrer-
seits ist die Verschiedenheit des Verbrauchs zollpflichtiger Waaren
zu stark, um eine Zollgemeinschaft durchführbar erscheinen zu lassen.
Der Vertheilungsmaßstab für die Zollverträge würde stets für
Deutschland nachtheilig bleiben, auch wenn die Ziffern es für
Oestreich zu sein schienen. Letztres lebt in Cis= und mehr noch
in Trans-Leithanien vorwiegend von eignen, nicht von importirten
Erzeugnissen. Außerdem hatte ich damals allgemein und habe ich
auch heut noch sporadisch nicht das nöthige Vertrauen zu undeut-
schen Unterbeamten im Osten.
Unser einziger Legationssekretär in Wien empfing mich mit
Verstimmung darüber, daß er nicht Geschäftsträger wurde, und
suchte in Berlin Urlaub nach. Derselbe wurde von dem Minister
verweigert, von mir aber demnächst bewilligt. So kam es, daß
ich mich auf den mir von früher her befreundeten hanöverschen
Gesandten Graf Adolf Platen behufs der Vorstellung bei den
Ministern und der Einführung in die diplomatische Gesellschaft an-
gewiesen fand.
In vertraulichem Gespräch fragte er mich gelegentlich, ob auch
ich glaubte, daß ich zu Manteuffel's Nachfolger bestimmt sei.
Ich erwiderte, das läge einstweilen nicht in meinen Wünschen.
Ich glaubte allerdings, daß der König mich in spätrer Zeit ein-
mal zu seinem Minister zu machen gedenke und mich dazu er-
ziehn wolle, in dieser Absicht auch mir die mission extra-
ordinaire nach Oestreich übertragen habe. Mein Wunsch aber
wäre, noch etwa zehn Jahre lang in Frankfurt oder an verschiednen
Höfen als Gesandter die Welt zu sehn und dann gern etwa zehn
Jahre lang, womöglich mit Ruhm, Minister zu sein, dann auf
dem Lande über das Erlebte nachzudenken und wie mein alter Onkel