Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Schwierigkeiten einer Zolleinigung mit Oestreich. Verdächtigungen. 87 
in Templin bei Potsdam Obstbäume zu pfropfen 1). Dieses scherzende 
Gespräch war von Platen nach Hanover berichtet worden und dort 
zur Kenntniß des General-Steuerdirectors Klentze gekommen, der mit 
Manteuffel über Zollsachen verhandelte und in mir den Junker im 
Sinne der liberalen Bürokraten haßte. Er hatte nichts Eiligeres 
zu thun, als entstellte Angaben aus Platen's Bericht an Manteuffel 
mitzutheilen in dem Sinne, als ob ich an dessen Sturze arbeitete. 
Bei meiner Rückkehr von Wien nach Berlin (8. Juli) hatte ich an 
Aeußerlichem die Wirkung dieser Einbläserei wahrzunehmen. Sie 
bestand in einer Abkühlung meiner Beziehungen zu meinem Chef, 
und ich wurde nicht mehr wie bis dahin gebeten, bei ihm zu 
wohnen, wenn ich nach Berlin kam. Verdacht wurden mir dabei 
auch meine freundschaftlichen Beziehungen zu dem General von 
Gerlach. 
Die Genesung des Grafen Arnim gestattete mir, meinem 
Wiener Aufenthalte ein Ende zu machen, und vereitelte einstweilen 
die Absicht des Königs, mich zum Nachfolger Arnim's zu ernennen. 
Aber auch wenn diese Genesung nicht eingetreten wäre, würde ich 
den dortigen Posten nicht gern übernommen haben, weil ich schon 
damals das Gefühl hatte, durch mein Auftreten in Frankfurt 
persona ingrata in Wien geworden zu sein. Ich hatte die Be- 
fürchtung, daß man dort fortfahren würde, mich als gegnerisches 
Element zu behandeln, mir den Dienst zu erschweren und mich am 
Berliner Hofe zu discreditiren, was durch Hofcorrespondenz, wenn 
ich in Wien fungirte, noch leichter gewesen wäre als über Frankfurt. 
Aus spätrer Zeit sind mir Unterredungen erinnerlich, welche ich 
auf langen Eisenbahnfahrten unter vier Augen mit dem Könige über 
Wien hatte. Ich nahm dann die Stellung, zu sagen: „Wenn Eure 
Majestät befehlen, so gehe ich dahin, aber freiwillig nicht, ich habe 
mir die Abneigung des östreichischen Hofes in Frankfurt im Dienste 
1) Vgl. den Brief Bismarck's an Manteuffel vom 23. Juli 1852 in 
Preußen im Bundestage IV 99 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.