Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

206 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft. 
Vielleicht haben Sie es noch nicht abgeschickt und können noch 
daran ändern. Bedenken Sie, daß das gestern empfangene fast 
zärtliche Billet den Anspruch der Wahrhaftigkeit macht, sei es auch 
nicht mit voller Berechtigung. Es ist so geschrieben und mit dem 
Anspruch, nicht als falsche Münze betrachtet zu werden, sondern 
als gute und vollgültige, und erwägen Sie, daß das beigemischte 
unächte Gut nichts andres ist als das Kupfer der falschen Scham, 
die nicht eingestehen will und in Betracht der Stellung des 
Schreibers auch vielleicht nicht kann: „Ich, ich habe sehr Unrecht 
gethan und will mich bessern.“ 
Es ist ganz unzulässig, daß Sie die Schiffe verbrennen. 
Sie dürfen das nicht. Sie würden Sich damit vor dem Lande 
ruiniren, und Europa würde lachen. Die Motive, die Sie leiten, 
würden nicht gewürdigt werden; man würde sagen: er verzweifelte 
sein Werk zu vollenden; deshalb ging er. Ich mag mich nicht 
ferner wiederholen, höchstens noch in dem Ausdruck meiner un- 
wandelbaren und treuen Anhänglichkeit. 
Ihr 
von Roon.“ 
Nachdem ich meinen Antrag auf Verabschiedung zurückge- 
nommen hatte, erhielt ich folgenden Brief: 
„Berlin, den 26. Februar 1869. 
Als ich Ihnen am 22. in meiner Bestürzung über Wehrmanns 
Mittheilung ein sehr flüchtiges aber desto eindringlicheres Billet 
schrieb, um Sie von Ihrem Verderben drohenden Vorhaben ab- 
zuhalten, konnte ich annehmen, daß Ihre Antwort in Ihrem End- 
resultat meinen Vorstellungen Gehör geben würde — und ich habe 
mich nicht geirrt. Dank, herzlichsten Dank, daß Sie meine Er- 
wartung nicht täuschten! 
Was nun die Hauptgründe betrifft, die Sie momentan an 
Ihren Rücktritt denken ließen, so erkenne ich die Triftigkeit der- 
selben vollkommen an, und Sie werden Sich erinnern, in wie ein-
	        
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