Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Levinstein als Vertrauensmann Manteuffels. Corruption. 215 
Als ich Minister geworden war und das Verhältniß des Aus- 
wärtigen Amts zu Levinstein abgebrochen hatte, wurden wiederholt 
Versuche gemacht, dasselbe wieder in Gang zu bringen, namentlich 
von dem Consul Bamberg in Paris, der mehrmals zu mir kam 
und mir Vorwürfe darüber machte, daß ich einen „so ausgezeichneten 
Mann“, der eine solche Stellung an den europäischen Höfen habe, 
wie Levinstein, so schlecht behandeln könnte. 
Ich fand auch sonst Anlaß, Gewohnheiten, die in dem Aus- 
wärtigen Ministerium eingerissen waren, abzustellen. Der lang- 
jährige Portier des Dienstgebäudes, ein alter Trunkenbold, konnte 
als Beamter nicht ohne Weitres entlassen werden. Ich brachte 
ihn dahin, den Abschied zu nehmen, durch die Drohung, ihn dafür 
zur Untersuchung zu ziehn, daß er mich „für Geld zeige“, indem 
er gegen Trinkgeld Jedermann zu mir lasse. Seinen Protest brachte 
ich mit der Bemerkung zum Schweigen: „Haben Sie mir, als ich 
Gesandter war, nicht jederzeit Herrn von Manteuffel für einen 
Thaler, und, wenn das Verbot besonders streng war, für zwei Thaler 
gezeigt?“ Von meiner eignen Dienerschaft wurde mir gelegentlich 
gemeldet, welche unverhältnißmäßigen Trinkgelder Levinstein an sie 
verschwendete. Thätige Agenten und Geldempfänger auf diesem 
Gebiete waren einige von Manteuffel und Schleinitz übernommne 
Canzleidiener, unter ihnen ein für seine subalterne Amtsstellung 
hervorragender Maurer. Graf Bernstorff hatte während seiner 
kurzen Amtszeit der Corruption im Auswärtigen Amte kein Ende 
machen können, war auch wohl geschäftlich und gräflich zu stark 
präoccupirt, um diesen Dingen nahe zu treten. Ich habe meine 
Begegnung mit Levinstein, meine Meinung über ihn, seine Be- 
ziehungen zu dem Auswärtigen Ministerium später dem Regenten 
mit allen Details zur Kenntniß gebracht, sobald ich die Möglich- 
keit hatte, dies mündlich zu thun, was erst Monate später der 
Fall war. Von einer schriftlichen Berichterstattung versprach ich 
mir keinen Erfolg, da die Protection Levinsteins durch Herrn 
von Schleinitz nicht blos zum Regenten hinauf, sondern an die Um-
	        
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