Briefwechsel mit Roon über den Eintritt,ins Ministerium. 253
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sollte, zuckte er die Achseln, und als ich hinzusetzte, es bliebe dann
nichts übrig, als daß er sich selbst erbarmte, schlüpfte er darüber
hinweg, nicht abwehrend, nicht zustimmend. Daß mich dies be-
unruhigt, kann Sie nicht wundern. Ich nahm daher gestern
Gelegenheit, an maßgebender Stelle die Ministerpräsidenten-Frage
auf die Bahn zu bringen, und fand die alte Hinneigung zu Ihnen
neben der alten Unentschlossenheit. Wer kann da helfen? Und
wie soll dies enden? — — Keine regierungsfähige Parteil Die
Demokraten sind selbstverständlich ausgeschlossen, aber die große
Mojorität besteht aus Demokraten und solchen, die es werden
wollen, wenngleich ihr Adreßentwurf von Loyalitätsversicherungen
trieft. Daneben die Constitutionellen, d. h. die Eigentlichen, ein
Häuflein von wenig mehr als 20 Köpfen, Vincke an der Spitze,
circa 15 Conservative, 30 Katholiken, einige 20 Polen. Wo also
findet eine mögliche Regierung die nöthige Unterstützung? Welche
Parthei kann bei dieser Gruppirung regieren außer den Demo-
kraten, und diese können es, dürfen es erst recht nicht. Unter diesen
Umständen, so sagt meine Logik, muß die jetzige Regierung im
Amte bleiben, so schwierig es auch sein mag. Und eben deshalb
muß sie sich mit Nothwendigkeit verstärken und zwar je eher, je
lieber. — — Daß Graf Bernstorff immer zwei große Posten in
Beschlag habe, scheint mir nun nicht eben durch Preußens Interesse
geboten zu sein. Ich werde mich daher sehr freuen, wenn Sie
nächstens zum Ministerpräsidenten ernannt werden, obgleich ich über-
zeugt bin, daß B. dann binnen Kurzem aus seiner Doppelstellung
treten und nicht länger den Koloß, 1 Fuß in Berlin, 1 in
London, spielen wird. Ich schiebe es Ihnen in's Gewissen, keinen
Gegenzug zu thun, da er schließlich dahin führen könnte und würde,
den König in die offenen Arme der Demokraten zu treiben. — —
Zum 11. ds. M. ist Hohenlohes Urlaub um. Er wird nicht wieder-
kommen, sondern nur sein Entlassungsgesuch. Und dann, ja dann
hoffe ich, wird der Telegraph Sie herrufen. Alle Patrioten er-
sehnen dies. Wie könnten Sie da zaudern und manöoriren?“