Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

10 Erstes Kapitel: Bis zum Ersten Vereinigten Landtage. 
rung bei der Regirung in Potsdam, zu der ich mich im Jahre 
1837 versetzen ließ, weil dort abweichend von den andern Pro— 
vinzen die indirecten Steuern zum Ressort der Regirung gehörten 
und grade diese wichtig waren, wenn ich die Zollpolitik zur Basis 
meiner Zukunft nehmen wollte. 
Die Mitglieder des Collegiums machten mir einen würdigern 
Eindruck als die Aachner, aber doch in ihrer Gesammtheit den 
Eindruck von Zopf und Perrücke, in welche Kategorie meine jugend— 
liche Ueberhebung auch den väterlich-würdigen Oberpräsidenten von 
Bassewitz stellte, während der Aachner Regirungspräsident Graf 
Arnim zwar die generelle Staatsperrücke, aber doch keinen geistigen 
Zopf trug. Als ich dann aus dem Staatsdienste in das Land— 
leben überging, brachte ich in die Berührungen, welche ich als 
Gutsbesitzer mit den Behörden hatte, eine nach meinem heutigen 
Urtheil zu geringe Meinung von dem Werthe unsrer Bürokratie, 
eine vielleicht zu große Neigung zur Kritik mit. Ich erinnere 
mich, daß ich als stellvertretender Landrath über den Plan, die 
Wahl der Landräthe abzuschaffen, gutachtlich zu berichten hatte und 
mich so aussprach, die Bürokratie sinke in der Achtung vom Land- 
rath aufwärts; sie habe dieselbe nur in der Person des Landraths 
bewahrt, der einen Januskopf trage, ein Gesicht in der Bürokratie, 
eins im Lande habe. 
Die Neigung zu befremdendem Eingreifen in die verschiedensten 
Lebensverhältnisse war unter dem damaligen väterlichen Regimente 
vielleicht größer als heut, aber die Organe zum Eingreifen waren 
weniger zahlreich und standen an Bildung und Erziehung höher als 
ein Theil der heutigen. Die Beamten der Königlichen hochlöblichen 
Regirung waren ehrliche, studirte und gut erzogne Beamte, aber 
ihre wohlwollende Thätigkeit fand nicht immer Anerkennung, weil 
sie sich ohne locale Sachkunde auf Details zersplitterte, in Betreff 
deren die Ansichten des gelehrten Stadtbewohners' am grünen 
Tische nicht immer der Kritik des bäuerlichen gesunden Menschen- 
verstandes überlegen waren. Die Mitglieder der Regirungs-
	        
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