Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Briefwechsel mit Roon über den Eintritt ins Ministerium. 265 
dem 8. Mai nicht gesehn habe. Bei der Gelegenheit muß ich in's 
Klare kommen. Ich wünsche nichts lieber, als in Paris zu bleiben, 
nur muß ich wissen, daß ich Umzug und Einrichtung nicht auf 
einige Wochen oder Monate bewirke, dazu ist mein Hausstand zu 
groß. Ich habe mich niemals geweigert, das Präsidium ohne Porte- 
feuille anzunehmen, sobald es der König befiehlt; ich habe nur ge- 
sagt, daß ich die Einrichtung für eine unzweckmäßige halte. Ich 
bin noch heut bereit, ohne Portefeuille einzutreten, aber ich sehe 
garkeine ernstliche Absicht dazu. Wenn mir Se. Majestät sagen 
wollte: am 1. November, oder 1. Januar, oder 1. April — so 
wüßte ich, woran ich wäre, und bin wahrlich kein Schwierigkeits- 
macher, ich verlange nur ½100 der Rücksicht, die Bernstorff so 
reichlich gewährt wird. In dieser Ungewißheit verliere ich alle 
Lust an den Geschäften, und ich bin Ihnen von Herzen dankbar 
für jeden Freundschaftsdienst, den Sie mir leisten, um ihr ein Ende 
zu machen. Gelingt dieß nicht bald, so muß ich die Dinge nehmen, 
wie sie liegen, und mir sagen, ich bin des Königs Gesandter in 
Paris, lasse zum 1. October Kind und Kegel dorthinkommen und 
richte mich ein. Ist das geschehn, so kann Se. Mojestät mich 
des Dienstes entlassen, aber nicht mehr zwingen, nun sofort wieder 
umzuziehn; lieber gehe ich nach Hause aufs Land, dann weiß ich, 
wo ich wohne. Ich habe in meiner Einsamkeit die alte Gesund- 
heit mit Gottes Hülfe wiedergewonnen, und befinde mich wie seit 
10 Jahren nicht, von unfrer politischen Welt aber habe ich kein 
Wort gehört; daß der König in Doberan war, sehe ich heut aus 
einem Briefe meiner Frau, sonst könnte ich das D. in dem Ihrigen 
nicht deuten. Ebenso hatte ich nicht gehört, daß er zum 13. nach 
Karlsruhe geht. Ich würde Se. Mojestät dort nicht mehr treffen, 
wenn ich mich hinbegeben wollte, auch weiß ich aus Erfahrung, 
daß solche Erscheinungen nicht willkommen sind; der Herr schließt 
daraus auf ehrgeizig drängende Absichten bei mir, die mir weiß 
Gott fern liegen. Ich bin so zufrieden, Sr. Majestät Gesandter 
in Paris zu sein, daß ich nichts erbitten möchte, als die Gewißheit,
	        
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