Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

318 Sechzehntes Kapitel: Danziger Episode. 
ministerium, die jedoch auf Befehl des Königs unterblieb. Am 7. 
ging ihm eine ernste Antwort Sr. Majestät auf die Beschwerde- 
schrift vom 4. zu. Er bat darauf den Vater um Verzeihung wegen 
eines Schrittes, den er um seiner und seiner Kinder Zukunft Willen 
geglaubt hätte nicht unterlassen zu können, und stellte die Ent- 
bindung von allen seinen Aemtern anheim. Am 11. erhielt er 
die Antwort, die ihm die erbetene Verzeihung gewährte, seine Be- 
schwerden über den Minister und sein Entlassungsgesuch überging 
und ihm für die Zukunft Schweigen zur Pflicht machte. 
Während ich die Erregung des Königs als berechtigt an- 
erkennen mußte, bemühte ich mich zu verhindern, daß er ihr 
durch staatliche oder auch nur öffentlich erkennbare Acte Folge 
gebe. Ich mußte es mir im dynastischen Interesse zur Aufgabe 
stellen, den König zu beruhigen und von Schritten, die an Friedrich 
Wilhelm I. und Küstrin erinnert hätten, abzuhalten. Es geschah 
das hauptsächlich am 10. Juni auf einer Fahrt von Babelsberg 
nach dem Neuen Palais, wo Se. Majestät das Lehrbataillon 
besichtigte; die Unterhaltung wurde wegen der Dienerschaft auf 
dem Bocke französisch geführt. Es gelang mir in der That, die 
väterliche Entrüstung durch die Staatsraison zu besänftigen, daß 
in dem vorliegenden Kampfe zwischen Königthum und Parlament 
ein Zwiespalt innerhalb des Königlichen Hauses abgestumpft, 
ignorirt und todtgeschwiegen werden, daß der Vater und König in 
höherm Maße dafür Sorge tragen müsse, daß die Interessen beider 
nicht geschädigt würden. „Verfahren Sie säuberlich mit dem Knaben 
Absalom!“ sagte ich in Anspielung darauf, daß schon Geistliche im 
Lande über Samuelis Buch 2, Kapitel 15, Vers 3 und 4 predigten; 
„vermeiden Ew. Majestät jeden Entschluß ab irato, nur die Staats- 
raison kann maßgebend sein“. Einen besondern Eindruck schien 
es zu machen, als ich daran erinnerte, daß in dem Conflicte zwischen 
Friedrich Wilhelm I. und seinem Sohne dem Letztern die Sympathie 
der Zeitgenossen und der Nachwelt gehöre, daß es nicht rathsam 
sei, den Kronprinzen zum Märtyrer zu machen.
	        
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