Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Wer war der Urheber der Veröffentlichung? 321 
damalige Auffassung bestätigt. Wenn eine ganze Schule von 
politischen Schriftstellern ein Vierteljahrhundert lang das, was sie 
die englische Verfassung nannten, und wovon sie keine eindringende 
Kenntniß besaßen, den festländischen Völkern als Muster gepriesen 
und zur Nachahmung empfohlen hatten, so war es erklärlich, daß 
die Kronprinzessin und ihre Mutter das eigenthümliche Wesen des 
preußischen Staates, die Unmöglichkeit verkannten, ihn durch wech- 
selnde parlamentarische Gruppen regiren zu lassen, war es erklärlich, 
daß aus diesem Irrthume sich der andre erzeugte, es würden 
sich in dem Preußen des 19. Jahrhunderts die innern Kämpfe 
und Katastrophen Englands im 17. wiederholen, wenn nicht das 
System, durch welches jene Kämpfe zum Abschluß kamen, bei uns 
eingeführt werde. Ich habe nicht feststellen können, ob die mir da- 
mals zugegangene Nachricht wahr ist, daß im April 1863 die Königin 
Augusta durch den Präsidenten Ludolf Camphausen und die Kron- 
prinzessin durch den Baron von Stockmar kritisirende Denkschriften 
über die innern Zustände Preußens ausarbeiten ließen und zur 
Kenntniß des Königs gebracht haben; daß aber die Königin, zu deren 
Umgebung der Legationsrath Meyer gehörte, mit der Besorgniß 
vor Stuartischen Katastrophen erfüllt war, wußte ich und fand es 
schon 1862 ausgeprägt in der gedrückten Stimmung, in der 
der König aus Baden von der Geburtstagsfeier seiner Gemalin 
zurückkehrte 1). Die im Kampfe mit dem Königthume liegende, von 
Tag zu Tag auf den Sieg rechnende Fortschrittspartei versäumte 
es nicht, in der Presse und durch die Personen einzelner Führer die 
Situation unter die Beleuchtung zu stellen, welche auf weibliche Ge- 
müther besonders wirksam sein mußte. 
— 
  
ch S. o. S. 283 ff. 
Olto Fürst von Bismarck. Gedanken und Erinnerungen I. 21
	        
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