Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

332 Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag. 
„Warum sollen wir fahren; hier im Garten des Bundespalais 
ist Platz genug, gegenüber wohnen preußische Offiziere, und 
östreichische sind auch in der Nähe. Die Sache kann in dieser 
Viertelstunde vor sich gehn, ich bitte Sie nur um Erlaubniß, in 
wenigen Zeilen die Entstehung des Streites zu Papier zu bringen, 
und erwarte von Ihnen, daß Sie diese Aufzeichnung mit mir 
unterschreiben werden, da ich meinem Könige gegenüber nicht als 
ein Raufbold erscheinen möchte, der die Diplomatie seines Herrn 
auf der Mensur führt.“ Damit begann ich zu schreiben, mein 
College ging mit raschen Schritten hinter mir auf und ab, während 
ich schrieb. Während dessen verrauchte sein Zorn, und er kam zu 
einer ruhigen Betrachtung der Lage, die er herbeigeführt hatte. 
Ich verließ ihn mit der Aeußerung, daß ich Herrn von Oertzen, 
den mecklenburgischen Gesandten, als meinen Zeugen zu ihm 
schicken würde, um das Weitre zu verhandeln. Oertzen legte den 
Streit versöhnlich bei. 
Es ist auch von Interesse, zu erwähnen, wie es kam, daß ich 
späterhin das Vertrauen dieses zornigen, aber ehrliebenden Herrn 
und vielleicht, als wir Beide Minister geworden waren, seine Freund- 
schaft erworben habe. Bei einem geschäftlichen Besuche, den ich 
ihm machte, verließ er das Zimmer, um seinen Anzug zu wechseln, 
und überreichte mir eine Depesche, die er eben von seiner Regirung 
erhalten hatte, mit der Bitte, sie zu lesen. Ich überzeugte mich 
aus dem Inhalt, daß Rechberg sich vergriffen und mir ein Schrift- 
stück gegeben hatte, das zwar die fragliche Sache betraf, aber nur 
für ihn bestimmt und offenbar von einem zweiten ostensiblen be- 
gleitet gewesen war. Als er wieder eingetreten war, gab ich ihm 
die Depesche zurück mit der Aeußerung, er habe sich versehn, ich 
würde vergessen, was ich gelesen hätte; ich habe in der That voll- 
kommnes Schweigen über sein Versehn beobachtet und in Berichten 
oder Gesprächen von dem Inhalt des geheimen Schriftstücks und 
seinem Versehn keinen auch nur indirecten Gebrauch gemacht. Seit- 
dem behielt er Vertrauen zu mir.
	        
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