Widerstreben des Königs gegen die Politik seines Ministers. 341
mündliche Mittheilung an den sächsischen Minister von Beust trug
noch den Stempel dieser Erregung 1). Die Krisis war aber über-
wunden, und der König von Sachsen reiste ab, ohne meinen
Herrn, wie ich es befürchtet hatte, nochmals aufzusuchen.
Nachdem der König auf der Rückreise von Baden-Baden
(31. August) nach Berlin so nahe an Frankfurt vorüber gefahren
war, daß der entschlossene Wille, sich nicht zu betheiligen, zu Tage
lag, wurde die Mehrheit oder wurden wenigstens die mächtigsten
Fürsten von einem Unbehagen erfaßt bei dem Gedanken an den
Reformentwurf, der sie, wenn Preußen fern blieb, mit Oestreich allein
in einem Verbande ließ, in dem sie nicht durch die Nivalität der
beiden Großmächte gedeckt waren. Das Wiener Cabinet muß an
die Möglichkeit geglaubt haben, daß die übrigen Bundesfürsten auf
die dem Congreß am 17. August gemachte Vorlage auch dann
eingehn würden, wenn sie in dem reformirten Bundesverhält-
niß schließlich mit Oestreich allein geblieben wären. Man würde
sonst nicht den in Frankfurt verbliebenen Fürsten die Zumuthung
gemacht haben, die östreichische Vorlage auch ohne Preußens Zu-
stimmung anzunehmen und in die Praxis überzuführen. Die Mittel-
staaten wollten aber in Frankfurt weder eine einseitig preußische,
noch eine einseitig östreichische Leitung, sondern für sich ein mög-
lichst einflußreiches Schiedsamt im Sinne der Trias, welches jede der
beiden Großmächte auf das Bewerben um die Stimmen der Mittel-
staaten anwies. Die östreichische Zumuthung, auch ohne Preußen
abzuschließen, wurde beantwortet durch den Hinweis auf die Noth-
wendigkeit neuer Verhandlungen mit Preußen und die Kundgebung
der eignen Neigung zu solchen. Die Form der Beantwortung der
östreichischen Wünsche war nicht glatt genug, um in Wien keine
Empfindlichkeit zu erregen. Die Wirkung auf den Grafen Rech-
berg, vorbereitet durch die guten Beziehungen, in denen unfre
Frankfurter Collegenschaft abgeschlossen hatte, war, daß er sagte,
1) Vgl. Beust, Aus drei Viertel-Jahrhunderten 1 332 f., v. Sybel II 532.