356 Achtzehntes Kapitel: König Ludwig II. von Baiern.
Eure Majestät wollen sich in Gnaden versichert halten, daß
ich mich glücklich schätzen werde, wenn es mir gelingt, mir Aller-
höchstdero gnädige Gesinnung zu erhalten.
· v. B.
Mein lieber Fürst!
Es würde mir nicht nur ein hohes Interesse bieten, sondern
zugleich lebhafte Freude bereiten, Sie zu sprechen und meinen Ge-
fühlen besonderer Hochschätzung für Sie, mein lieber Fürst, münd-
lichen Ausdruck zu geben. Wie ich zu meinem aufrichtigen Bedauern
erfahre, hat jener so verabscheuungswürdige Mordanschlag #), für dessen
Mißlingen ich Gott immerdar dankbar sein werde, störend auf Ihre
auch mir so theure Gesundheit und auf den Curgebrauch gewirkt,
so daß es vermessen von mir wäre, wollte ich Sie ersuchen, Sich
demnächst zu mir zu bemühen, der ich jetzt mitten in den Bergen
verweile. — Für Ihren letzten Brief, der mich mit aufrrichtiger
Freude erfüllte, bin ich Ihnen aus ganzer Seele dankbar. Fest
vertraue ich auf Siel! und glaube ich, daß Sie, wie Sie meinem
Minister v. Pfretzschner gegenüber sich äußerten, Ihren politischen
Einfluß dafür einsetzen werden, daß das föderative Princip die
Grundlage der neuen Ordnung der Dinge in Deutschland bilde.
Möge der Himmel Ihr theures Leben noch viele Jahre uns Allen
erhalten! Ihr Tod, sowie der des von mir hochverehrten Kaisers
Wilhelm wäre ein großes Unglück für Deutschland und Bayern. —
Aus ganzem Herzen meine besten Grüße Ihnen, mein lieber Fürst,
zurufend, bleibe ich stets mit besonderer Hochschätzung und tief-
gewurzeltem Vertrauen
Hohenschwangau, den 31. Juli 1874.
Ihr
aufrichtiger Freund
Ludwig.
1) Kullmann's am 13. Juli 1874.