Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

358 Achtzehntes Kapitel: König Ludwig II. von Baiern. 
Friedrichsruh, 2. Juni 1876. 
Eure Majestät haben, wie Baron Werthern mir schreibt, die 
Gnade gehabt, mir auch in diesem Jahre für den Besuch von 
Kissingen Equipage aus Allerhöchstdero Marstall zur Verfügung zu 
stellen. Ich hoffe, daß es mir möglich sein wird, dem Rathe der 
Aerzte zu folgen und auch in diesem Sommer die Heilung zu 
suchen, wo ich sie vor 2 Jahren, wie Eure Majestät dessen in der 
Allerhöchsten Ordre vom 29. April so huldreich gedenken, ge- 
funden habe. 
Die türkischen Angelegenheiten sehn bedrohlich aus und können 
dringliche diplomatische Arbeit erfordern: aber unter allen europäi- 
schen Mächten wird. Deutschland immer in der günstigsten Lage 
bleiben, um sich aus den Wirren, mit welchen eine orientalische 
Frage den Frieden bedrohen kann, dauernd oder doch länger als 
andre, fern halten zu können. Ich gebe daher die Hoffnung nicht 
auf, daß es mir möglich sein werde, Kissingen in einigen Wochen 
zu besuchen, und bitte Eure Majestät ehrfurchtsvoll, meinen aller- 
unterthänigsten Dank für Allerhöchstdero huldreiche Fürsorge in 
Gnaden entgegennehmen zu wollen. 
v. Bismarck. 
Es gereicht mir zu aufrichtiger Freude, daß die in Ihren 
werthen Zeilen vom 2. dieses Monats ausgesprochene Hoffnung, 
Kissingen zu besuchen, sich nun erfüllt hat. 
Von Herzen begrüße ich Sie in meinem Lande und gebe mich 
der frohen Zuversicht hin, daß Ihre, dem Reiche theure Gesund- 
heit wiederholt durch eine Heilquelle Bayerns Kräftigung finden 
werde. 
Möge der allen deutschen Fürsten gemeinsame Wunsch der 
Erhaltung des Friedens Verwirklichung finden und dadurch Ihnen, 
mein lieber Fürst, ergiebige Erholung von mühevoller Arbeit und 
aufregender Sorge gegönnt sein. 
Indem ich der Fürstin die Hand küsse und Ihnen, mein
	        
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