Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

Der 18. und 19. März. Die Schönhauser Bauern. 21 
war, wobei etwa fünfzig bäuerliche Jagdgewehre zum Vorschein 
kamen. Ich selbst besaß mit Einrechnung der alterthümlichen einige 
zwanzig und ließ Pulver durch reitende Boten von Jerichow und 
Rathenow holen. 
Dann fuhr ich mit meiner Frau auf umliegende Dörfer und 
fand die Bauern eifrig bereit, dem Könige nach Berlin zu Hülfe 
zu ziehn, besonders begeistert einen alten Deichschulzen Krause in 
Neuermark, der in meines Vaters Regiment „Carabiniers“ Wacht- 
meister gewesen war. Nur mein nächster Nachbar sympathisirte mit 
der Berliner Bewegung, warf mir vor, eine Brandfackel in das 
Land zu schleudern, und erklärte, wenn die Bauern sich wirklich 
zum Abmarsch anschicken sollten, so werde er auftreten und ab- 
wiegeln. Ich erwiderte: „Sie kennen mich als einen ruhigen 
Mann, aber wenn Sie das thun, so schieße ich Sie nieder.“ — 
„Das werden Sie nicht,“ meinte er. — „Ich gebe mein Ehrenwort 
darauf,“ versetzte ich, „und Sie wissen, daß ich das halte, also 
lassen Sie das.“ 
Ich fuhr zunächst allein nach Potsdam, wo ich am Bahnhofe 
Herrn von Bodelschwingh sah, der bis zum 19. Minister des Innern 
gewesen war. Es war ihm offenbar unerwünscht, im Gespräch 
mit mir, dem „Neactionär“, gesehn zu werden; er erwiderte meine 
Begrüßung mit den Worten: „Ne me parlez pas.“" — „Des 
paysans Se Iévent chez nous,“ erwiderte ich. „Pour le Roi?" — 
„Oui.“ — „Dieser Seiltänzer,“ sagte er, die Hände auf die thränen- 
den Augen drückend. In der Stadt fand ich auf der Plantage an 
der Garnisonkirche ein Bivouak der Garde-Infanterie; ich sprach 
mit den Leuten und fand Erbitterung über den befohlenen Rückzug 
und Verlangen nach neuem Kampfe. Auf dem Rückwege längs 
des Kanals folgten mir spionartige Civilisten, welche Verkehr mit 
der Truppe gesucht hatten und drohende Reden gegen mich führten. 
Ich hatte vier Schuß in der Tasche, bedurfte ihrer aber nicht. Ich 
stieg bei meinem Freunde Roon ab, der als Mentor des Prinzen 
Friedrich Karl einige Zimmer in dem Stadtschlosse bewohnte,
	        
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