Full text: Gedanken und Erinnerungen. Erster Band. (1)

22 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
und besuchte im „Deutschen Hause“ den General von Möllen- 
dorf, noch steif von den Mißhandlungen, die er erlitten, als er 
mit den Aufständischen unterhandelte, und General von Prittwitz, 
der in Berlin commandirt hatte. Ich schilderte ihnen die Stim- 
mung des Landvolks; sie gaben mir dagegen Einzelheiten über die 
Vorgänge bis zum 19. Morgens. Was sie zu berichten hatten 
und was an spätern Nachrichten aus Berlin hergelangt war, 
konnte mich nur in dem Glauben bestärken, daß der König nicht 
frei sei. 
Prittwitz, der älter als ich war und ruhiger urtheilte, sagte: 
„Schicken Sie uns keine Bauern, wir brauchen sie nicht, haben 
Soldaten genug; schicken Sie uns lieber Kartoffeln und Korn, 
vielleicht auch Geld, denn ich weiß nicht, ob für die Verpflegung 
und Löhnung der Truppen ausreichend gesorgt werden wird. Wenn 
Zuzug käme, würde ich aus Berlin den Befehl erhalten und aus- 
führen müssen, denselben zurückzuschlagen.“ — „So holen Sie den 
König heraus!“ sagte ich. Er erwiderte: „Das würde keine große 
Schwierigkeit haben; ich bin stark genug, Berlin zu nehmen, aber 
dann haben wir wieder Gefecht; was können wir thun, nachdem 
der König uns befohlen hat, die Rolle des Besiegten anzunehmen? 
Ohne Befehl kann ich nicht angreifen.“ 
Bei diesem Zustand der Dinge kam ich auf den Gedanken, 
einen Befehl zum Handeln, der von dem unfreien Könige nicht zu 
erwarten war, von einer andern Seite zu beschaffen, und suchte 
zu dem Prinzen von Preußen zu gelangen. An die Prinzessin 
verwiesen, deren Einwilligung dazu nöthig sei, ließ ich mich bei 
ihr melden, um den Aufenthalt ihres Gemals zu erfahren (der, 
wie ich später erfuhr, auf der Pfaueninsel war). Sie empfing 
mich in einem Dienerzimmer im Entresol, auf einem sichtenen 
Stuhle sitzend, verweigerte die erbetene Auskunft und erklärte in 
lebhafter Erregung, daß es ihre Pflicht sei, die Rechte ihres Sohnes 
zu wahren. Was sie sagte, beruhte auf der Voraussetzung, daß 
der König und ihr Gemal sich nicht halten könnten, und ließ auf
	        
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